Texte aus 1 Mose 12 und 13 – Was Abraham mit dem Segen Gottes erlebt und was wir daraus lernen können – Von Thomas Pichel

I.
Was erfahren wir über den Segen Gottes bzw. über den segnenden Gott?

1.
Das Leben ist kein Ponyhof

 „Es kam aber eine Hungersnot in das Land. Da zog Abram hinab nach Ägypten“ (1 Mose 12,10)

Das Leben ist nicht immer schön. Es geht nicht alles gut oder glatt. Zum Leben gehören Nöte und Probleme. Das Leben kann eine Zumutung sein. Das gilt auch für gesegnete Menschen.

Abraham bekommt die Zusage des Segens. Geh in ein Land, das ich dir zeigen werde! Und was geschieht? In diesem Land herrscht Hunger. Der gesegnete Abraham kommt in eine Hungersnot. Er ist aufgebrochen, hat Gott vertraut, und was wird ihm zugemutet? Hunger statt „täglich Brot“. Hunger statt Sattwerden. Hunger statt Überfluss. Es ist so schwierig, dass er nach Ägypten flieht.

Michael Herbst schreibt dazu: „Der gesegnete Mensch macht Schweres durch, wie alle anderen. Es gehört offenbar zum Segen, gerade im Schweren sich zu bewähren, zu wachsen, mitleidig zu werden und nicht hochmütig – und das Vertrauen nicht fahren zu lassen. Es gehört zum Segen, auch dann an Gott festzuhalten und zu wissen: Auch wenn es dauert, er ist verlässlich.“ Michael Herbst, Abrahams schwieriger Segen, Predigt auf der alten Homepage von greifbar

 

2.
Gott ist treu

 11 Und als er nahe an Ägypten war, sprach er zu Sarai, seiner Frau: Siehe, ich weiß, dass du eine schöne Frau bist. 12 Wenn dich nun die Ägypter sehen, so werden sie sagen: Das ist seine Frau, und werden mich umbringen und dich leben lassen. 13 So sage doch, du seist meine Schwester, auf dass mir’s wohlgehe um deinetwillen und ich am Leben bleibe um deinetwillen.14 Als nun Abram nach Ägypten kam, sahen die Ägypter, dass seine Frau sehr schön war. 15 Und die Großen des Pharao sahen sie und priesen sie vor ihm. Da wurde sie in das Haus des Pharao gebracht. 16 Und er tat Abram Gutes um ihretwillen; und er bekam Schafe, Rinder, Esel, Knechte und Mägde, Eselinnen und Kamele. 17 Aber der HERR plagte den Pharao und sein Haus mit großen Plagen um Sarais, Abrams Frau, willen. 1 Mose 12,11-17. Siehe auch 1 Mose 20,1-18.

Abraham macht Fehler. Er ist kein fehlerloser Glaubensheld. Er wird nie zu einem perfekten Heiligen. Aber er erfährt die Treue Gottes.

Zweimal kommt Abraham in eine brenzlige Situation.
Einmal in Ägypten mit dem Pharao. Wir können das nachlesen in 1 Mose 12,10-20.
Einmal mit Abimelech, dem König von Gerar. Wir können das nachlesen in 1 Mose 20.

Seine Frau Sara muss sehr schön und attraktiv gewesen sein. Jedenfalls weckt sie Begehrlichkeiten. Sowohl der Pharao als auch Abimelech wollen mit ihr schlafen, wollen sie zu einer von vielen Frauen haben.

Abraham reagiert zweimal mit einer panischen Angst. Zweimal glaubt er seiner Angst. Seine Angst ruft in ihm sehr laut: Die sehen dich als Nebenbuhler. Die werden dich umbringen, um Sarah zu bekommen.

Deshalb schmiedet Abraham einen in seinen Augen klugen Plan: Ich gebe Sarah als meine Schwester aus. Dass sie im Bett des andern landet, kann ich – leider – sowieso nicht verhindern, aber ich komme wenigstens mit dem Leben davon.

Zweimal versucht er zu tricksen. Zweimal glaubt er an sich, an sein Angstgefühl, an seine negative Meinung. Zweimal vertraut er Gott nicht. Zweimal rechnet er nicht mit Gott.

Er, der Vater des Glaubens, versagt zweimal im Glauben. Aber Gott versagt ihm die Treue nicht, entzieht ihm nicht seinen Segen. Gott rettet ihn zweimal! Wie? Durch den moralischen Anstand von Nichtgläubigen!

 

3.
Wir werden erst in der Ewigkeit den Segen in unserem Leben ganz überblicken können

Abraham und Sarah hatten zwei ganz konkrete Segenszusagen.

a.
Segenszusage 1: Ihr werdet einen Sohn bekommen. Ihr werdet unzählige Nachkommen haben (siehe 1 Mose 12,2; 1 Mose 13, 16; 1 Mose 15,2; 1 Mose 17,6).

Was den verheißenen Sohn angeht, wird ihre Geduld auf eine sehr harte Probe gestellt. Jahr für Jahr vergeht. Der Segen lässt auf sich warten. Die Segenszusage Gottes wird zum Problem, zum wunden Punkt, zum großen Schmerz. Nach 24 Jahren ist das Ganze für Sarah nur noch lächerlich (siehe 1 Mose 18,12).

Aber nach 25 Jahren ist das Kind da. Der Name des Kindes heißt Isaak. Das heißt übersetzt: „Er wird lächeln“. “Er wird lachen.”

Wir sehen also, dass es sein kann, dass wir lange auf die Erfüllung einer göttlichen Verheißung warten müssen.

b.
Segenszusage 2: Du und Deine Nachkommen werden das Land besitzen (siehe 1 Mose 13,15f).

Was die Landverheißung angeht, ist es menschlich gesehen ebenfalls enttäuschend. Abraham besitzt, als er stirbt, gerade mal einen Acker mit einer Höhle und einigen Bäumen. Mehr nicht! Er hat dieses Land auch nicht geschenkt bekommen, sondern teuer bezahlen müssen. Wir können das nachlesen in 1 Mose 23.

Was sehen wir durch diese Geschichte? Es kann sein, dass wir menschlich gesehen vergeblich auf die Erfüllung einer göttlichen Verheißung warten. Und doch wissen wir, dass alles so gekommen ist, wie Gott es Abraham versprochen hatte.

Was lernen wir daraus? Wir dürfen das Thema Segen nicht ohne die Auferstehung und das Leben nach dem Tod auswerten. Die Segensgeschichte Gottes mit uns endet nicht mit unserem Tod. Wir werden erst in der Ewigkeit alle Ergebnisse und Wirkungen des Segens Gottes in unserem Leben erkennen und überblicken.

Es schaut so aus, dass wir da sehr schöne Überraschungen erleben werden!

 

II.
Der gesegnete Abraham gibt Segen weiter, wird zum Segen für andere 

 1 So zog Abram herauf aus Ägypten mit seiner Frau und mit allem, was er hatte, und Lot auch mit ihm ins Südland. 2 Abram aber war sehr reich an Vieh, Silber und Gold. 3 Und er zog immer weiter vom Südland bis nach Bethel, an die Stätte, wo zuerst sein Zelt war, zwischen Bethel und Ai, 4 eben an den Ort, wo er früher den Altar errichtet hatte. Dort rief er den Namen des HERRN an. 5 Lot aber, der mit Abram zog, hatte auch Schafe und Rinder und Zelte. 6 Und das Land konnte es nicht ertragen, dass sie beieinander wohnten; denn ihre Habe war groß und sie konnten nicht beieinander wohnen. 7 Und es war immer Zank zwischen den Hirten von Abrams Vieh und den Hirten von Lots Vieh. Es wohnten auch zu der Zeit die Kanaaniter und Perisiter im Lande. 8 Da sprach Abram zu Lot: Lass doch nicht Zank sein zwischen mir und dir und zwischen meinen und deinen Hirten; denn wir sind Brüder. 9 Steht dir nicht alles Land offen? Trenne dich doch von mir! Willst du zur Linken, so will ich zur Rechten, oder willst du zur Rechten, so will ich zur Linken. 10 Da hob Lot seine Augen auf und besah die ganze Gegend am Jordan. Denn ehe der HERR Sodom und Gomorra vernichtete, war sie wasserreich, bis man nach Zoar kommt, wie der Garten des HERRN, gleichwie Ägyptenland. 11 Da erwählte sich Lot die ganze Gegend am Jordan und zog nach Osten. Also trennte sich ein Bruder von dem andern, 12 sodass Abram wohnte im Lande Kanaan und Lot in den Städten am unteren Jordan. Und Lot zog mit seinen Zelten bis nach Sodom. 13 Aber die Leute zu Sodom waren böse und sündigten sehr wider den HERRN. 14 Als nun Lot sich von Abram getrennt hatte, sprach der HERR zu Abram: Hebe deine Augen auf und sieh von der Stätte aus, wo du wohnst, nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen. 15 Denn all das Land, das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen geben für alle Zeit 16 und will deine Nachkommen machen wie den Staub auf Erden. Kann ein Mensch den Staub auf Erden zählen, der wird auch deine Nachkommen zählen. 17 Darum mach dich auf und durchzieh das Land in die Länge und Breite, denn dir will ich’s geben. 18 Und Abram zog weiter mit seinem Zelt und kam und wohnte im Hain Mamre, der bei Hebron ist, und baute dort dem HERRN einen Altar. (1 Mose 13,1-14)

 

1.
Abraham erlebt auf vielfältige Art und Weise den Segen Gottes.

Abraham, der wegen der Hungersnot in Israel, nach Ägypten geflüchtet war, kommt zurück aus Ägypten (Vers 1). Diese glückliche Rückkehr ist keine Selbstverständlichkeit. Damals irgendwann 1800 Jahre vor Christi Geburt erst recht nicht. Das ist Segen in der Form von Bewahrung und Behüten.

Abraham ist mittlerweile „reich an Vieh, Silber und Gold“ (Vers 2) geworden. Abraham bekam (siehe 1 Mose 12) wegen Sara vom Pharao sehr viel Vieh geschenkt. Später konnte er anscheinend als Viehzüchter Schafe und Ziegen verkaufen. Der Verkauf brachte ihm Silber und Gold ein. Das ist Segen in der Form von materiellem Besitz.

Abraham kehrt nach Bethel (Vers 3) zurück, zu dem Ort, wo er schon einmal war, wo er schon einmal eine Begegnung mit Gott hatte (siehe 1 Mose 12,8). Das ist Segen in der Form einer Gotteserfahrung und eines dankbaren und vertrauensvollen Herzens.

 

2.
Abraham wird zum Segen für andere

Gott segnet Lot, den Neffen Abrahams. Lot war in Ägypten dabei. Lot wird durch die Begleitung Abrahams gesegnet. Auch er ist ein erfolgreicher Viehzüchter (Vers 5). Das ist Segen in der Form, dass Gottes Segen auf andere Menschen abfärbt, dass andere Menschen davon ‘profitieren’ dürfen (auch wenn mir das Wort nicht gefällt).

Der „Reichtum stellt vor neue Herausforderungen“. Abraham und Lot „haben große Herden. Es gibt nur wenige Wasserstellen. Und so kommt es immer wieder zum Streit zwischen Lots Hirten und Abrahams Hirten. Beide sehen, dass es so nicht mehr weitergeht. Also setzen sie sich zusammen. Und da lernen wir Abraham von einer anderen Seite kennen. Er ist der Ältere, er hatte jedes Recht, nun eine Lösung zu seinen Gunsten durchzusetzen. Aber das tut er nicht. Er schlägt vor: Wir müssen uns trennen. Das Land trägt beide Herden nicht. Aber, Lot, Du darfst wählen, wohin Du gehen möchtest. Suche Dir ein gutes Stück Land aus. Und das tut Lot und nimmt das bessere Land, die gut bewässerte Jordanebene. Und Abraham stimmt zu, als für ihn nur das schlechtere Land bleibt. Eine ganz unkaufmännische Entscheidung. Da spielt vieles eine Rolle, wie man später sehen wird. Lot wird nicht sehr glücklich mit seiner Entscheidung. Dennoch: Abraham zeigt hier etwas von der Großzügigkeit und Gelassenheit eines gesegneten Menschen. Er muss nicht raffgierig immer mehr haben und alles an sich reißen, was nur möglich ist. Der Gesegnete wird zum Segen. Hier wächst Abraham auf seinem Weg mit Gott. Er gönnt dem anderen Gutes… Der Blick weitet sich über das eigene Interesse hinaus. Ja, Abraham wählt den Nachteil, damit Lot den Vorteil hat. Er ist nicht mehr so ängstlich, dass es für ihn selbst nicht mehr reichen könnte. Der Gesegnete wird zum Segen für andere.“

Michael Herbst, in: Abrahams schwieriger Segen, gefunden auf der alten Homepage von greifbar

Das ist Segen in der Form, dass ein Mensch zum Segen für andere wird, weil er großzügig sein kann. Warum kann er großzügig sein? Weil die Angst um sich überwunden ist. Warum ist sie kein Problem mehr? Weil er um den segnenden Gott weiß!

 

III.
Was sollen wir tun? Was können wir von Abraham lernen? Worin ist er uns Beispiel und Vorbild?

 „Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden. (1 Mose 12,1-3)

1.
Wir machen uns fest in Gott, wir machen uns fest in dem, was Gott uns verspricht.

Abraham würde zu uns vielleicht folgendes sagen: Ihr lieben Kulmbacher, ich musste lernen, an sehr wenig zu glauben, nämlich nur an Gottes Wort und Zusage.

(Abraham musste es verlernen, an seine Fähigkeiten, an seine Sicherheiten, an Geld, an gute Umstände, an Bedienungsanleitungen für das Leben, an andere Menschen zu glauben.)

Das einzige, was Abraham hat, ist Gottes Versprechen: Ich will dich segnen! Der schmale Steg in die Zukunft, in ein gesegnetes Leben ist ein Wort Gottes. Aufgrund eines Wortes von Gott packt Abraham seine Sachen zusammen, zieht daheim aus und macht sich auf den Weg.

Dietrich Bonhoeffer sagt das einmal so: “Wer an Gott glaubt, der glaubt in dieser Welt an nichts anderes mehr, denn er hat ja den, von dem alles kommt und in dessen Hände alles fällt.”

(Predigt zu Markus 9,23f aus dem Jahr 1934).

 

2.
Wir gehen, wo Gott zu uns sagt: Geh! (Diesen Gedanken verdanke ich Schwester Barbara-Sybille Stephan von der Christusbruderschaft in Selbitz.)

a.
Gott lockt den Abraham in ein Leben mit Gott, in ein Leben im Glauben, in ein Leben des Vertrauens zu Gott.

Der Segensweg des Abraham beginnt mit einem Fortgehen, mit einem Auszug, mit einem Abschied. Gott sagt zu Abraham: Geh weg! Ich werde dich segnen. Lass dein bisheriges Leben hinter dir. Ich werde dich segnen. Lass dein altes Leben los. Ich werde dich segnen. Den Segen gibt es für Abraham unterwegs. Den Segen gibt es im Land, das Gott ihm zeigen will und wird.

Abraham hat den Mut zum Abschied aus seinem Milieu, er hat den Mut zum Aufbruch.

Abraham muss loslassen: sein Heimatland, seine Verwandtschaft, sein Elternhaus: das, was ihm vertraut ist; das, was ihm Sicherheit und Geborgenheit schenkt; das, was ihm die Zukunft garantiert.

Abraham muss sich durchsetzen gegen alle Stimmen, die mit Unverständnis reagieren und sagen: Bleib doch! Lass das sein!

 

b.
Dieses Abschiednehmen vom alten Leben gehört zum Christsein dazu. Jesus sagt: Folge mir nach! Wir kommen deshalb um Abschiede in unserem Leben nicht herum.

Es gibt die große Entscheidung, das große Fortgehen, wenn wir uns entschließen, überhaupt ein Leben mit Gott zu führen. Und es gibt die vielen kleinen Entscheidungen und Aufbrüche, wenn Gott zu uns sagt: Geh weg! Geh fort! Geh heraus!

Aus einer Beziehung, die mich abhängig macht.

Aus einer Gewohnheit, mit der ich mir nicht helfe.
Geh weg aus deiner Passivität und deinen Ausreden.
Geh weg aus deinem Pessimismus und aus deiner Resignation.
Geh weg aus deiner Menschenfurcht.

Aus einem negativen Verhalten, das nicht zu Gott passt.
Geh weg aus deiner Unversöhnlichkeit, deinem Lügen, deinem Unrecht.
Geh weg aus deiner Rechthaberei.
Geh weg aus deinem Selbstmitleid.

So erfährt Abraham den Segen Gottes. Fragen wir Gott, was es bei uns ist. Er wird es uns sagen. So werden wir den Segen Gottes erfahren.