Jeremia 23,5-8 – Der gerechte Spross – Von Martin Brendel

Jeremia 23, 5-8: Der gerechte Spross

 5 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will. Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird. 6 Zu seiner Zeit soll Juda geholfen werden und Israel sicher wohnen. Und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: »Der HERR ist unsere Gerechtigkeit«. 7 Darum siehe, es wird die Zeit kommen, spricht der HERR, dass man nicht mehr sagen wird: »So wahr der HERR lebt, der die Israeliten aus Ägyptenland geführt hat!«, 8 sondern: »So wahr der HERR lebt, der die Nachkommen des Hauses Israel heraufgeführt und hergebracht hat aus dem Lande des Nordens und aus allen Landen, wohin er sie verstoßen hatte.« Und sie sollen in ihrem Lande wohnen.

 

 I. Die Ausgangslage

Jeremia äußert sich in einer sehr wirren und schwierigen Zeit. Es herrschte ein allgemeiner Sittenverfall. Verantwortlich waren die Könige und auch die Priester. Außerdem gab es noch viele andere Propheten, die als falsche Propheten bezeichnet wurden. Alle haben ihre Verantwortung vor Gott nicht wahrgenommen. Man kann sich das Durcheinander vorstellen. Es gab keine geradlinige Führung, keine stabile Regierung. Die Propheten versuchten die Könige zu beeinflussen, diese wussten dann überhaupt nicht mehr, was sie glauben oder tun sollten. Die Propheten verkündeten nicht das Wort Gottes, sondern ihre eigene Botschaft. Heute würde man „fake news“ dazu sagen. Dazu kommt noch, dass sich die vielen falschen Propheten am gottlosen Lebensstil des Volkes beteiligten. Es kann gefährlich werden, wenn es keine stabile Regierung gibt. Es kann gefährlich werden, wenn politische Macht missbraucht wird. Wie aktuell ist diese Lage! In vielen Ländern gibt es Aufstände, sind die Menschen unzufrieden. Politische Macht wird missbraucht, Korruption. Es ist teilweise schrecklich welche Zustände herrschen. Und ein Sittenverfall ist denke ich auch zu beobachten.

König war zu dieser Zeit Zedekia. Er wird als schwacher König beschrieben. Er wurde vom babylonischen König Nebukadnezar eingesetzt. Dieser verlangte von Zedekia einen Treueschwur. Diesen Treueschwur brach Zedekia, weil er sich mit den Ägyptern verbündet hat. Das war sein Verhängnis. Zedekia war der letzte König von Juda. Ursprünglich hieß er Mattanja. Den Namen Zedekia bekam er von Nebukadnezar. Zedekia bedeutet: Der Herr ist meine Gerechtigkeit.

Er wurde oft von Jeremia gewarnt. Er hörte nicht auf Jeremia, rief ihn denn oft zu sich und befragte ihn. Er ließ ihn in eine Zisterne werfen, ließ ihn später aber wieder befreien. Man merkt schon, wie unsicher er wohl war. Er hat jedenfalls nicht so gehandelt wie die Bedeutung seines Namens war. Auf die Bedeutung des Namens komme ich später noch einmal.

Mitten in der Schilderung der Verwirrung des Volkes wechselt Jeremia plötzlich das Thema. Er redet auf einmal von einer anderen Zeit. Er weist auf einen gerechten Spross hin. Was und wen meint er genau damit?

 

II. Ein gerechter Spross

Der Ausdruck kommt bei drei Propheten vor. Bei Sacharja, bei Jesaja und bei Jeremia.

Sacharja 3,8: Höre nun, Jeschua, du Hohepriester: Du und deine Brüder, die vor dir sitzen, sind miteinander ein Zeichen; denn siehe, ich will meinen Knecht »Spross« kommen lassen.

Sacharja 6, 12: So spricht der HERR Zebaoth: Siehe, es ist ein Mann, der heißt »Spross«; denn unter ihm wird’s sprossen, und er wird bauen des HERRN Tempel.

Die beiden Stellen weisen auf Jesus hin. Es wird die persönliche Seite des Titels betont, indem hervorgehoben wird, dass es sich hierbei um einen Namen des Herrn handelt.

Jesaja 4,2: An jenem Tag wird der Spross des HERRN zur Zierde und zur Herrlichkeit sein und die Frucht des Landes zum Stolz und zum Schmuck für die Entkommenen Israels.

Jesaja 53,2: Er ist wie ein Trieb vor ihm aufgeschossen und wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich.

Diese Stellen deuten den öffentlichen Aspekt an. Er ist für alle zu sehen, zur Zierde und Herrlichkeit.

Jeremia 23,5: Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will.

Jeremia weist auf die Gerechtigkeit Jesu hin. Es wird im AT auf Jesus hingewiesen. Es wird auf den Namen, auf die Herrlichkeit und auf die Gerechtigkeit hingewiesen.

In den Augen der Menschen war dieser Spross der verachtete Jesus von Nazareth.

Jesaja 53,3: Er war verachtet und von den Menschen verlassen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut, wie einer, vor dem man das Gesicht verbirgt. Er war verachtet, und wir haben ihn nicht geachtet.

Der “Spross” ist ein messianischer Titel für Jesus Christus, wodurch Sein Königtum betont wird. Als “Spross” aus der Wurzel “Isais”, dem Vater Davids, ist Jesus Christus seiner menschlichen Herkunft nach ein Nachkomme Davids.

Aus einem Kommentar:

Als der “Spross Davids” ist Christus der Nachkomme Davids, der sich aus der Erniedrigung, in die das Geschlecht Davids gefallen war, zu Macht und Herrlichkeit erhoben hat.

Damit verbunden ist aber die Verheißung, dass Gott aus dem Wurzelstock einen neuen Trieb, einen “Spross” hervorgehen lassen wird; einen Herrscher, der sich durch Gerechtigkeit und Ehrfurcht vor Gott auszeichnet.

Israel war wie ein trockener Boden. Als Jesus kam, herrschte geistliche Dürre und Not. Gleichzeitig war Jesus “ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich“. Er kam in einer Phase lang andauernder geistlicher Armut als Gottes Botschafter nach Israel. Immerhin hatte Israel seit fast dreihundert Jahren keine prophetische Offenbarung mehr bekommen. Dann brach erst Johannes der Täufer das prophetische Schweigen und dann Jesus selbst.

Jesus kam eben nicht als strahlender Held, sondern eben als der Spross, als der angekündigte Knecht, der den Willen Gottes tut, uns erlöst und zu neuer Gemeinschaft mit dem Vater führt.

 

III. Prophezeiungen

Die Menschen in der babylonischen Gefangenschaft erlebten es tatsächlich, dass bessere Zeiten kamen und sie wieder nach Jerusalem zurück durften. Sie erlebten, dass der Tempel und die Stadtmauer wieder aufgebaut wurden. Dies geschah unter der Leitung eines Mannes aus dem Geschlecht Davids: Serubabel. Diese Prophezeiung ist erfüllt!

Doch es geht noch weiter. Ein Blick in die Geschichte. Im Jahr 70 n. Christus wurde der Tempel wieder zerstört von den Römern. Damit begann die weltweite Zerstreuung der jüdischen Menschen. Einige Jahre später wurde ihnen das Betreten von Jerusalem unter Androhung der Todesstrafe verboten. Auch im Mittelalter wurden sie z.B. 1290 aus England, ab 1314 aus Frankreich und im 15. Jahrhundert aus verschiedenen Städten des Heiligen Römischen Reiches vertrieben. Was ab 1938 in Deutschland geschah, war grausam, viele Juden flohen damals vor allem in die USA.

Nun kann man sagen, dass sich 1948, als der Staat Israel gegründet wurde, die Prophezeiung ein zweites Mal erfüllt. Das war ein Wunder!

Eine dritte Erfüllung steht noch aus, wenn alle Juden in ihr Land zurückgekehrt sind. Viele machen sich aus unterschiedlichen Ländern auf den Weg nach Israel.

Aber sie können noch nicht sicher wohnen. Ständig gibt es Auseinandersetzungen, der nahe Osten ist ein wahres Pulverfass.

Der Text sagt uns, dass noch was Größeres kommt. Darum siehe, es wird die Zeit kommen, spricht der HERR, dass man nicht mehr sagen wird: »So wahr der HERR lebt, der die Israeliten aus Ägyptenland geführt hat!«, 8 sondern: »So wahr der HERR lebt, der die Nachkommen des Hauses Israel heraufgeführt und hergebracht hat aus dem Lande des Nordens und aus allen Landen, wohin er sie verstoßen hatte.« Und sie sollen in ihrem Lande wohnen.

Bisher erinnerten sie sich daran, dass Gott sie aus Ägypten geführt hat. Das wird beim Passahfest gefeiert. Das wichtigste Fest der Juden. Und das wird übertroffen werden von etwas noch Größerem! Dann wird man sagen, er hat sie aus allen Ländern wieder nach Israel geführt! Also das kommt noch! Ist aber schon im Gang. Viele Juden kehren nach Israel zurück, aus den verschiedensten Ländern, es werden immer mehr. Erst wenn alle dort versammelt sind, kommt Jesus wieder. Dann werden noch alle anderen dazu kommen und Gott anbeten. So nachzulesen in Offenbarung 7.

Wir können als Christen dafür beten, uns dafür einsetzen, vielleicht auch spenden für die Juden, die nach Israel zurück gehen, damit die Wiederherstellung Israels weiter voran geht.

Die letzte Erfüllung wird das neue Jerusalem sein. Jerusalem wird das Zentrum der neuen Welt werden. Ohne Tempel, denn der Herr, der allmächtige Gott ist ihr Tempel, er und das

Lamm (Jesus Christus). Offenbarung 21,22: Die Gegenwart Gottes erleuchtet die ganze Stadt.

 

IV. Jesus – unsere Gerechtigkeit

Der Herr ist unsere Gerechtigkeit. Vorhin habe ich erzählt, der Name Zedekia bedeutet: der Herr ist meine Gerechtigkeit. Jetzt spricht Jeremia von einem, der den Namen trägt: der Herr ist unsere Gerechtigkeit. Eine eindeutige Anspielung auf den König Zedekia. Der hat seinem Namen keine Ehre gemacht. Jeremia sagt, da kommt einer der wirklich unsere Gerechtigkeit ist!

Was für eine Botschaft. Jesus unsere Gerechtigkeit! Wie wird denn Jesus unsere Gerechtigkeit? Er wurde für uns zur Sünde!

2 Korinther 5, 21: Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.

Durch Jesus sind wir gerecht vor Gott – durch ihn können wir vor Gott treten. Jeder wird sich vor Gott verantworten müssen.

In Offenbarung 20,12 lesen wir: Und ein anderes Buch wurde aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben steht, nach ihren Werken.

Das muss man sich vorstellen, alles, was ich getan habe, kommt zur Sprache, Gutes und Schlechtes. Und damit stehe ich vor Gott. Dann brauche ich einen Anwalt. Jesus möchte dabei unser Anwalt sein, für uns eintreten. Wir können nicht bestehen, auch wenn wir alles Mögliche in unserem Leben versucht haben. Das zählt alles nichts. Es zählt nur, ob ich an Jesus glaube, ihm vertraue.

Aus einer Predigt von Stephanie Korinek ist mir hängengeblieben, dass Gott uns durch Jesus anschaut. Das hat mich sehr berührt. Das muss ich mir vorstellen! Gott schaut durch Jesus auf mich. Er sieht nicht mich und mein Versagen und meine Verfehlungen. Er sieht dich und mich durch Jesus.

Heute ist der 1. Advent. Wir gehen auf Weihnachten zu. Wir feiern die Menschwerdung Gottes. Das Wunder der Menschwerdung Gottes ist, dass der ewige Sohn nicht für sich selbst bleiben will. Wie es in Philipper 2 beschrieben ist, hält er seine Gottheit nicht fest wie ein Raubtier seine Beute. Zu uns drängt es ihn! Er tat das alles für uns – für mich – für dich!

Ich muss wieder mal Siegfied Kettling aus dem Buch „typisch evangelisch“ zitieren: „In der Person-Sünde wurzeln alle Tat-Sünden. Weil der Baum kernfaul ist, darum stinken die Früchte. Ich habe nicht Sünde, ich bin Sünder, Rebell gegen Gott, bis in die Urgründe meiner Motive, Gedanken und Sehnsüchte. Ich bin es. Es geht um mich, die Sünder-Person. Wer jetzt die Sünde entfernen will, der muss den Sünder selbst aufheben. Wer mir meine Sünde abnehmen will, der muss mir schon mich selbst abnehmen. Der müsste an meinen Platz treten, so dass er ich und ich er würde. Jesus ist nicht irgendeine Privatperson. Er ist der eine, der alle in sich schließt. Diesen Einen trifft dann das heilige Gericht Gottes an ihm – und so für uns!“

Darum feiern wir die Menschwerdung Gottes an Weihnachten. Da kommt einer, der Eine! Unsere Hoffnung!

Lassen wir ihn ein, wenn er kommt? Lassen wir ihn ein in unser Lebenshaus?

Die Weihnachtsgeschichte erzählt uns, dass Maria und Josef keinen Platz in der Herberge fanden. Man hat sie nicht eingelassen. Jesus kommt bald zur Welt und findet keinen Platz bei den Menschen. So war es und so ist es. Findet er Platz bei dir, bei mir? Oder ist dein und mein Haus voll? Voll mit Ängsten um die Zukunft, voll mit Sorgen um die Familie, um die eigene Gesundheit, oder voll von Schmerzen über einen Verlust, Schmerzen der Krankheit usw. Hast du, habe ich Platz für Jesus?

Er sagt ich komme zu dir, ich will bei dir wohnen!

Wir machen am Adventskalender viele Türen auf. Machen wir die Tür für Jesus auf und lassen ihn ein. Dann haben die Ängste, Sorgen, Schmerzen kein Hausrecht mehr, sie sollen unser Leben nicht mehr so bestimmen wie vorher. Er kann verändern und unser Lebenshaus renovieren. Renovieren kann oft lange dauern. So ist Jesus bei jedem am Verändern, der es zulässt.

Zum Schluss noch einmal zurück zum neuen Jerusalem.

Wenn wir unsere Situation als gläubige Christen anschauen, werden wir in Deutschland immer weniger. Es gibt Uneinigkeit unter Christen. Am 18. November stand in der Zeitung, dass die Kath. Junge Gemeinde am Gottesbegriff selbst zweifelt und überlegt, „Gott*“ zu schreiben. Viele Menschen wenden sich ab von Gott, er ist für viele nicht relevant.

Für uns aber gilt die starke Verheißung, dass der Herr bei seiner Gemeinde in der Zerstreuung und in ihrer Minderheitensituation bleiben wird. Sie sollen in ihrem Lande wohnen und ER will bei ihnen sein. ER, der Herr und Heiland Jesus Christus bleibt bei seinem Volk.

Wir haben das Adventslied von Jochen Klepper »Die Nacht ist vorgedrungen« gehört. Es ist ein richtiger Trostspender, der das Wechselspiel der Adventszeit zwischen Licht und Dunkelheit anspricht: »Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt…« Jochen Klepper hat selbst etwas von dieser Dunkelheit erfahren. Als er am 11. Dezember 1942 mit seiner jüdischen Frau und deren Tochter in Berlin in den Tod ging, wusste er sich dennoch geborgen im Aufblick zu Christus, der verheißen hat, bei den Seinen zu sein.

Die Menschen dürfen sicher wohnen. Da wir auch zum Volk Gottes gehören, gilt uns das auch. Wir haben hier keine bleibende Stadt, aber die zukünftige suchen wir. Wir werden sicher wohnen. Es wird keine Ungerechtigkeit mehr geben.

Das ist unsere Zukunft!