Rö 1,16-17 – Der Kern des Evangeliums (Teil 3) – Die rettende Kraft Gottes – Von Thomas Pichel

16 Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes zur Rettung für jeden, der glaubt, für die Juden zuerst und auch für die Griechen. 17 Denn darin wird die Gerechtigkeit Gottes offenbart, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht (Hab 2,4): Der aus Glauben Gerechte wird leben. (Zürcher)


A.

Teil 1: Das Evangelium ist eine Kraft zur Rettung für jeden, der glaubt

I.
Woraus, wovon und wovor rettet das Evangelium?
Hier ein Überblick. Natürlich müssten wir jetzt über jede Aussage reden!

In Mt 1,21 u Offb 1,5 lautet das Evangelium: Jesus rettet uns von unseren Sünden.

In Mt 6,13: Von dem Bösen

In Rö 6,23 rettet Gott vom Tod, der der Sünde Sold ist, und er schenkt uns das ewige Leben in Christus Jesus.

In Kol 1,13: Wir werden gerettet von der Macht der Finsternis, d.h. von der Gottesferne, von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, von Orientierungslosigkeit, von unguten Zwängen, von chaotischen und destruktiven Mächten. Wir sind vielmehr versetzt in das Reich seines lieben Sohnes Jesus Christus!

In Gal 1,4: Wir werden gerettet von dieser gegenwärtigen bösen Welt, in der wir Täter und Opfer des Bösen sind.

In Gal 1,15: Vom Fluch des Gesetzes.

In Rö 5,9 und in 1 Thess 1,10 rettet Gott uns durch das Evangelium vor sich selbst, nämlich vor seinem Zorn, vor seiner Intoleranz gegenüber jeder Art und Form des Bösen, vor seiner automatischen Wirkung auf uns unentschuldbar schuldige Menschen, dass wir Gott nämlich nicht ertragen und aushalten.

In Titus 2,14: Von aller Ungerechtigkeit

Hintergrund dieser Stellen ist die Exodus-Erfahrung Israels (siehe 2 Mo 13-15, 2 Mo 20,1). Gott rettet sein Volk vor dem Pharao. Er rettet es aus der unterdrückenden Zwangsherrschaft Ägyptens. Rettung heißt also: Wir werden befreit von einer versklavenden Macht.

II.
Was sind die Kennzeichen, die Merkmale, die identity-marker des Evangeliums?

1.
Das Evangelium offenbart Gott: sein Königtum, seine Liebe, seine Gerechtigkeit (siehe Predigt vom 5.2.), seine Macht, sein Drehbuch mit der Weltgeschichte. Es geht im Evangelium um das Reich Gottes; um das, was Gott tut; um Jesus, um sein Leben, sein Leiden und Sterben, um seine Auferstehung. Im Einzelnen heißt das:

Evangelium heißt laut Jes 52,10: Gott ist König. Er herrscht. Er regiert.

Evangelium heißt laut Mt 4,23: Jesus hat das Kommen des Reiches Gottes gestartet. Es kommt eine Welt, in der Gerechtigkeit, Frieden und Freude herrschen (Rö 14,17).

Evangelium ist immer das, was Gott getan hat, was Gott tut, was Gott tun wird. Evangelium ist immer eine Offenbarung: Wir erkennen durch das Evangelium Gottes Herz und Wesen (siehe Rö 1,1), seine Liebe und Gerechtigkeit, seine Macht und Ziele.

Der Kern des Evangeliums ist Jesus, der Sohn Gottes (Rö 1,9). Wir erkennen im Evangelium Jesus als das Geschenk Gottes an uns Menschen! Jesu Leben, seine Worte und Taten, sein Leiden und Sterben, seine Auferstehung und sein Wiederkommen sind das rettende Evangelium.

2.
Warum verwendet die Bibel das Wort “Retten“?

Im Evangelium geht es um Alles oder Nichts. Um die Rettung unserer Gottesbeziehung, um die Rettung vor uns selbst, um die Rettung unseres Lebens, dass wir Sinn und Ziel unseres Lebens nicht verfehlen. Es geht um die Wiederherstellung unserer Gemeinschaft mit Gott jenseits unserer Sünde. Es geht um unser ewiges Leben vor und nach unserem irdischen Tod.

Das Evangelium ist immer das, was uns unverfügbar und unmöglich ist, was wir nicht schaffen, was wir nicht machen und leisten können. Nur Gottes Kraft kann die Rettung, die Befreiung, die Bewahrung, die Hilfe bringen.

Evangelium ist nie etwas, was Gott von uns verlangt. Evangelium ist immer das, was Gott uns schenkt. Gott lässt das Evangelium als Botschaft* zu uns kommen, als Zusage und Versprechen.

*Fußnote: Wie bringt das NT uns das Evangelium näher?

Mit der Geschichte Israels, mit Geschichten aus dem Alten Testament, mit Denkmodellen Israels, mit deren Hilfe wir uns dem Juden Jesus und dem Kreuz als sühnendem und versöhnendem Geschehen annähern können.

Mit Geschichten, mit Jesus-Geschichten, in denen Menschen Jesus als Überraschung, als Geschenk, als alles verändernde Kraft in ihrem Leben erfahren haben. Wir könnten z.B. anschauen, wie Zachäus oder Maria Magdalena oder Petrus das Evangelium erfahren haben.

Mit Informations- und Aufklärungsmaterial der neutestamentlichen Briefe, z.B. zur Sünde. Mit Bildern, Vergleichen, Perspektiven, Annäherungen zum Kreuzesgeschehen.

3.
Gott stellt sich zur Verkündigung des Evangeliums. Er benutzt diese Botschaft als Medium, als Instrument der Rettung. Im Evangelium steckt Gottes Kraft drin. Gott füllt die Botschaft mit seinem Geist und seiner Kraft und trägt sie in die Herzen der Menschen. Hinter dem Evangelium steht – wie am Anfang der Schöpfung (Gott sprach und es ward) – die Schöpferkraft Gottes. Hinter dem Evangelium steht die Kraft der Auferstehung, die Jesus von den Toten auferweckt hat. Hinter dem Evangelium steht die Kraft des Heiligen Geistes.

4.
Gott schafft mit dem Evangelium unser Vertrauen. Gott zielt mit dem Evangelium auf unsere Antwort, auf die Beziehung zu uns.

III.
Themenanzeige: Wie gehen wir mit dieser Kraft Gottes um?

1.
Das Erste ist schlicht, dass wir diese Kraft glauben, auch wenn sie für uns unverfügbar ist, wenn wir sie nicht planen, berechnen, beweisen können.

Es geschieht immer wieder, dass das Evangelium tut, was es sagt, bringt, was es verheißt, schenkt, was es gebietet. Gottes rettende Kraft arbeitet ohne Zwang, ohne Druck, ohne Gewalt, ohne Manipulation. Seine rettende Kraft überzeugt, gewinnt. Seine Kraft schenkt Glauben, schenkt Frieden, schenkt die Gewissheit, geliebt zu sein, schenkt die Gewissheit, Vergebung zu haben…

Lasst uns deshalb Gott für diese Kraft danken! Und lasst uns, im Blick auf andere, um das Wirken dieser Kraft bitten. Wir müssen nichts aufpolieren, nicht nachhelfen, nicht eindrucksvoller machen.

2.
Ich möchte an dieser Stelle etwas Biographisches von mir erzählen.

Ich bin vor knapp 40 Jahren Christ geworden. Osterfreizeiten der Christusbruderschaft spielten eine Rolle dabei.

Die rettende Kraft des Evangeliums gab mir ein Problem auf! Meine herkömmliche Vorstellung über Sünde (ich übertrete irgendwelche Regeln aus dem Regelwerk der Bibel) brach zusammen. Die Evangeliumskraft Gottes hat mir Schmerzhaftes über mich selbst gezeigt. Ich wurde mit Sündenerkenntnis, besser: mit der Erkenntnis meiner Sünde konfrontiert. Ich begriff zum ersten Mal das, was die Bibel über mich weiß: meinen Dauer-Traum, ähnliche Dinge zu können und zu dürfen wie Gott; meine Selbstsucht, so dass Gott und andere so sein und sich so verhalten sollen, wie mir das passt; meine belasteten und gestörten Beziehungen; mein Misstrauen Gott gegenüber… Ich erschrak auch über das, was ich anderen angetan habe, was ich anderen gegenüber versäumt habe.

Die Evangeliumskraft Gottes hat mir aber auch Überraschendes über Gott und mich gesagt. Worte des Wohlwollens und der Wertschätzung. Worte der Vergebung und Gnade. Das hat mich überzeugt und gewonnen.

Gott hat mich ohne Zwang und Druck, ohne Gewalt und Manipulation zu sich gezogen. Er hat dazu die persönliche Beichte vor einem anderen Christenmenschen benutzt. Beichte ist ja etwas Ambivalentes: einerseits unangenehm, andererseits befreiend ohne Ende. Ich konnte glauben, was ich gehört habe: Dir ist das Unentschuldbare vergeben! Du bist gewollt und geliebt. Du bist rein. Du bist gerecht. Diese Worte haben hat sich in mir festgesetzt und durchgesetzt.

Ich entdeckte: Ich muss nichts tun, nichts machen, nichts lassen, dass das gilt. Ich muss nicht beweisen, dass ich es verdiene. Ich muss es auch nicht in mir spüren. Ich darf anerkennen, was ich von Gott höre. Ich darf über dem, was ich höre, Gott recht geben. Ich darf es gelten lassen. Das befreit, macht froh und macht gewiss.

 

B.
Teil 2: Auch gläubige Menschen können mit dem Evangelium ihre Probleme haben!

Was könnten und müssten wir jetzt alles zum Leben mit Jesus in der Kraft des Evangeliums, zur Sünde, zum Kreuzestod Jesu sagen!

Ich will im zweiten Teil der Predigt ein einziges Thema herausgreifen. Ich meine, es ist nicht ganz unwichtig für unser Christsein! Ich will nun darüber sprechen, dass auch wir Christen mit dem Evangelium unsere Probleme haben können, und eben nicht nur die Nichtchristen, die das Evangelium von Jesus Christus, das Evangelium von Kreuz und Auferstehung als puren Unsinn oder als kränkende Zumutung empfinden, die es nicht verstehen und gar nicht gerettet werden wollen.

I.
Wir alle möchten einen Gott, der unsere Gebete erhört, der uns im Alltag hilft.
Wir möchten erlöst werden aus unseren Ängsten, aus unserer Nervosität, aus unserer Kraftlosigkeit… Wir möchten bewahrt werden vor Unfällen und Schicksalsschlägen.

Das ist völlig okay! Der Glaube, das hat die Psychologie längst entdeckt, ist auch eine Ressource. Es stimmt: Unsere Gottesbeziehung ist uns eine Hilfe, eine Stütze, eine Ermutigung, eine Kraft.

Problematisch wird es immer dann, wenn wir Gott nur wollen, wenn er uns nützt, wenn wir den Glauben auf seinen Nutzen reduzieren, wenn wir die Liebe Gottes zu uns und unsere Liebe zu ihm davon abhängig machen, ob er uns hilft oder nicht, ob wir ihn (positiv) erleben oder nicht, ob wir ihn verstehen oder nicht, ob er uns vor Leiden bewahrt oder nicht, kurz: ob Gott funktioniert oder nicht.

Es gibt im Blick auf dieses Problem drei wesentliche Fragen. Diese drei Fragen stelle ich nun vor und gebe die Antworten weiter, die mir persönlich helfen.

II.
Frage 1 lautet: Wo finden wir in dieser Welt die Liebe Gottes? Wo finden wir Gewissheit, dass Gott uns liebt
? Die Antwort gibt uns Dietrich Bonhoeffer in einer Predigtmeditation aus zu Joh 3,16-21. Sie ist über 80 Jahre alt (1940) und ist verblüffend aktuell.

Von der Liebe Gottes zur Welt zu reden, bereitet dem, der nicht in Formeln stecken bleiben will, heute nicht geringe Schwierigkeiten. Es ist ja deutlich genug, dass Gottes Liebe zur Welt nicht darin besteht, dass er den Kriegen ein Ende macht, dass er Armut, Not, Verfolgungen, Katastrophen aller Art von uns nimmt; gerade darin aber sind wir gewohnt Gottes Liebe zu suchen, und wir finden sie nicht. Jedoch so schwer es uns wird und so tief es uns erschüttert, dass Gottes Liebe sich so vor der Welt verbirgt, so dürfen wir gerade in solchen Zeiten dafür besonders dankbar werden, dass wir Gottes Liebe nicht mehr dort zu suchen brauchen, wo sie für uns nicht da ist, sondern dass sie uns umso klarer dort leuchtet, wo wir sie allein finden sollen: in Jesus Christus.“

III.
Frage 2 lautet: Was kann in uns die echte Liebe zu Gott auslösen? Was macht uns zu Gott liebenden Menschen?
Wir lassen uns die Antwort von Augustinus geben, der vor über 1600 Jahren in seinem Buch „Der Gottesstaat“ diese Frage erörterte. Ich fasse Augustinus mit Hilfe von Frank Lüdke zusammen (siehe youtube, Gott benutzen oder genießen?)

1.
Augustinus startet mit der biblischen Botschaft: Wir sollen Gott lieben. Denn Gott zu lieben, ist Leben. Lieben heißt immer: Ich wende mich jemanden zu, um dessen selbst willen. Nicht um etwas zu bekommen. Sünde, so Augustinus, ist der Versuch, andere zu benutzen, Gott zu benutzen, andere, aber auch Gott als Sklaven der eigenen Wünsche zu benutzen.

Übrigens: Gott zu benutzen, ist nach Augustinus eine größere Schuld, als Gott nicht zu beachten. Augustinus stellt uns also die Frage, ob wir Gott lieben oder immer nur benutzen wollen, ob es uns im Glauben um Gott geht oder letztendlich nur um uns.

2.
Augustinus macht weiter mit einer Beobachtung über Jesus. Jesus hätte alle Menschen seiner Zeit heilen können. Er hätte alle Probleme Israels lösen können. Er hätte Brotkönig, Gesundheitskönig, Wohlstandskönig und Friedenskönig werden können.

Aber hätte das die Leute veranlasst, eine tiefe Liebesbeziehung zu Gott aufzubauen? Augustinus sagt Nein! Die Menschen hätten sich natürlich gefreut über Jesus als Wunscherfüllungsautomaten. Sie wären mit ihren Wünschen gekommen. Sie hätten ihm begeistert applaudiert, wenn er alle ihre Wünsche erfüllt hätte. Aber die Menschen hätten dadurch nicht angefangen, Gott wirklich zu lieben. Im Gegenteil: Jesus wäre ihr Sklave geworden.

Stellen wir uns das kurz vor: Gott würde sich heute die Anerkennung der Menschen dadurch verschaffen, dass er all unsere Gebete erhört, all unsere Vorstellungen bestätigt, all unsere Wünsche erfüllt, alle Probleme löst. Augustinus sagt uns: Die Menschen würden nicht Gott wirklich dafür lieben, sie würden das Gefühl lieben, Gott benutzen zu können.

Augustinus konfrontiert uns mit einer harten Wahrheit über unser Herz: Durch Wunder, durch tolle Erfahrungen entsteht keine echte Liebe zu Wundertätern! Wunder führen dazu, dass man immer mehr und immer größere Wunder möchte. Und wehe dem Wundertäter, wenn er nicht mehr funktioniert…

3.
Augustinus spricht dann vom Kreuz Jesu. Er zitiert Joh 15,13: Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben hergibt für seine Freunde. Am Kreuz, so Augustinus, sehen wir die totale Liebe Gottes zu uns, seine bedingungslose Treue und seine vergebungsbereite Liebe. Angesichts des Kreuzes, so Augustinus, vergeht einem jede Wunsch-Erfüller-Liebe zu Jesus. Am Kreuz sehen wir den schwachen, leidenden Gott. Am Kreuz wird Jesus so schwach, dass er nicht mehr benutzt werden kann.

Aber, so Augustinus, am Kreuz geschieht immer wieder ein Unglück und ein Wunder. Es kommt zum Unglück, dass ein Mensch diesen schwachen nutzlosen Gott ablehnt. Es kommt aber immer wieder zum Wunder, dass der Kreuzestod Jesu in den Herzen von Menschen etwas auslöst. Diese Hingabe Jesu berührt Menschen, macht etwas mit ihnen. Dort, wo Gott nicht mehr benutzt werden kann, wo er in die größte Schwachheit geht, fangen Menschen an, ihn zu lieben. Der Kreuzestod weckt die wirkliche Liebe der Menschen zu Gott, so dass sie tiefe Gemeinschaft mit Gott haben wollen.

IV.
Frage 3 lautet: Was machen wir, wenn wir uns im dunklen Tal der Nutzlosigkeit Gottes befinden? Hier mein Antwortversuch: 

1.
Wir bitten dennoch! Wir bitten Gott um seine Hilfe, sein Eingreifen, seine Wunder… Wir warten auf ihn.

Wir dürfen mit Gottes Nähe rechnen! Wir dürfen mit Wundern rechnen, wenn wir uns angesichts persönlicher oder gesellschaftlicher Herausforderungen überfordert fühlen, wenn wir Hilfe benötigen, wenn wir uns in Ängsten verlieren, wenn wir an Depressionen leiden, wenn wir müde und kraftlos sind… Wir dürfen Gott bitten um seinen Beistand, um sein Helfen und um sein Retten.

Wir alle können ja gottseidank von vielen kleinen Rettungsaktionen Gottes erzählen. Die Kraft Gottes, die uns rettet, ist auch die Kraft, die uns in 1000 Situationen des Lebens hilft.

2.
Dennoch kommt auch das andere vor: Gott erhört unsere Gebete nicht. Er hilft uns nicht. Obwohl er könnte! Die gefährdete Ehe wird nicht mehr! Die Arbeitslosigkeit bleibt! Der berufliche Misserfolg bleibt. Die Krankheit bleibt.

Was machen wir im Blick auf das unfassbare Leid auf dieser Welt? Was sagen wir einer wohnungslosen Frau in der Wohngruppe der Diakonie Hochfranken in Hof? Was sagen wir zu Mesut Hancer, der bei dem Erdbeben in der Türkei die Hand seiner toten 15-jährigen Tochter Irmak hält?

Was machen wir, wenn Gott uns nichts nützt, wenn Gott nicht funktioniert?

3.
Nur wer solche Situationen und Fragen kennt, wird davor bewahrt, das Evangelium zu verfälschen. Evangelium heißt nicht, dass mir immer geholfen wird, dass ich immer das happy end geschenkt bekomme.

Evangelium heißt: Ich bekomme Gott!  Ich bekomme nicht den Wunschautomaten-Gott. Nicht den mir stets nützlichen Gott! Nicht den Gott, der mich vor Leiden bewahrt! Aber den mich sehenden Gott! Den mit mir mitleidenden Gott. Den Gott, der mich erlösen kann in einer unerträglichen Situation!

Evangelium heißt dann. Gott kommt dazu! Gott tritt dazwischen – zwischen mich und all den Umständen und Zuständen, die menschlich gesehen unerträglich sind!

Evangelium heißt dann: Menschen, die an sich, am Leben und an Gott verzweifeln, bekommen die Gemeinschaft mit Gott und seine Kraft! Menschen, die wund sind, deren Situation ein Alptraum ist, die von Sinnlosigkeit und Ausweglosigkeit bedroht sind, bekommen Gott und seine Leidenskraft, seine Widerstandskraft, seine Trotzkraft wider die Resignation, bekommen Ihn als Kraft!

Manchmal geben diese Menschen ein Zeugnis der besonderen Art: Ich müsste eigentlich an meinem Leben verzweifeln. Ich sitze in der Klemme… Es gibt kein Entrinnen. Ich kann nichts mehr ausrichten. Aber da ist eine unsichtbare Kraft da. Als ob eine Hand mich festhält. Als ob ich nicht nur mich hätte.

Manchmal geben solche Menschen, ein paar Wochen oder Monate später, das Zeugnis eines Wunders: Es ist eine Wende passiert. Es ist gut geworden. Ich kann es nicht erklären. Als ob ein Schalter umgelegt wurde.