2 Mo 32,7-14 – Gott sagt: Lass mich! Mose antwortet sinngemäß: Nein! Ich lass Dich nicht – Von Thomas Pichel

A.

Der Sonntag Rogate ruft Christinnen und Christen auf: Betet! Betet gemeinsam! Betet gemeinsam im Gottesdienst! Sagt Gott das, was euch beschäftigt, was euch gemeinsam beschäftigt!

Der Predigttext, der uns zum Beten anstiften soll, ist eine Geschichte, mit der Gott uns verwickelt in eine Auseinandersetzung mit sich und mit uns selbst. Es geht nicht um eine Gebetsanleitung, sondern um die Frage unserer Einstellung zu Gott.

7 Der Herr sprach aber zu Mose: Geh, steig hinab; denn dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlich gehandelt. 8 Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben’s angebetet und ihm geopfert und gesagt: Dies sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägyptenland geführt haben. 9 Und der Herr sprach zu Mose: Ich habe dies Volk gesehen. Und siehe, es ist ein halsstarriges Volk. 10 Und nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und sie verzehre; dafür will ich dich zum großen Volk machen. 11 Mose wollte den Herrn, seinen Gott, besänftigen und sprach: Ach, Herr, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast? 12 Warum sollen die Ägypter sagen: Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, dass er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte sie von dem Erdboden? Kehre dich ab von deinem glühenden Zorn und lass dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst. 13 Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel, und dies ganze Land, das ich verheißen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen für ewig. 14 Da gereute den Herrn das Unheil, das er seinem Volk angedroht hatte.

 

B.

Teil 1: Die Geschichte am Fuße des Berges Sinai

Eigentlich müssten wir die ganze Geschichte in 2 Mo 32 bis 33 lesen. Das ist für einen Gottesdienst wohl doch zu lange. Aber wir beginnen mit der Frage:

I.
Was geschah vor unserem Predigttext? Was war damals los?

Mose ist weg. Mose, der Gewährsmann, der Verbindungsmann zu Gott, ist auf dem Berg Sinai. Das Volk wartet schon Wochen. Die Menschen werden unruhig und unsicher. Ist ihm etwas zugestoßen? Kommt er je zurück? Sie fühlen sich verloren und im Stich gelassen, von Mose und von Gott. Sie sagen zu Moses Bruder Aaron: Auf, mach uns einen Gott, der von uns hergehe! Wir wissen nicht, was diesem Mose passiert ist.

Das Volk, das Gott aus Ägypten befreit, durch das Rote Meer gebracht und durch alle Gefahren der Wüste gebracht hat, das er Tag für Tag in der Wüste mit Essen und Trinken versorgt, dieses beschenkte Volk hat sich von ihm gelöst und abgewendet. Alle positiven Erfahrungen, alle Wunder haben nicht ausgereicht, um sicher zu sein, dass Gott da ist, dass er mit ihnen ist, dass auf ihn Verlass ist, dass Gott zu seinen Versprechen steht.

40 Tage reichen aus, dass die Menschen alles vergessen, was Gott ihnen Gutes getan hat, dass sie an seiner Treue zweifeln, dass sie ihm innerlich kündigen.

Aaron stellt einen Stier als Gussfigur aus purem Gold her! Die Menschen geben dafür freiwillig und freigiebig, was sie an Gold besitzen.

Es schaut so aus, dass das Volk keinen anderen Gott will, aber dass Gott anders ist. Ein Gott, der zwar redet, aber unsichtbar bleibt, reicht ihnen nicht. Sie wollen etwas Handfestes. Sie wollen einen sichtbaren Gott, den man anschauen kann.

II.
Was erfahren wir aus unserem Predigttext?

1.
Gott ist wütend. Er kritisiert den Vorfall als Abweichen vom Weg und als Götzendienst, weil das Volk ihn durch ein „gegossenes Kalb“ (so der Spottname) ersetzt hat.

Gott ist verletzt über diese Vergesslichkeit und Untreue. Er will mit diesem Volk, das ihn aus der Fassung gebracht hat, nichts mehr zu tun haben. Er sagt zu Mose (schrie Gott Mose dabei an?): Steig hinab, denn dein Volk, das du aus Ägypten geführt hast, hat schändlich gehandelt. Auch Gott will jetzt vergessen. Er will die Leute und alles vergessen, was ihn mit diesen Menschen verbindet. Er will sie aus seinem Herzen ausreißen und am liebsten umbringen.

2.
Obwohl Mose bis zu diesem Zeitpunkt kein einziges Wort gesagt hat, fordert Gott von Mose: „Lass mich!“ (schrie Gott dabei?).

Wir kennen das aus unseren Konflikten, wenn nichts mehr geht, wenn die Türen knallen: Lass mich! Lass mich in Ruhe! Aber manchmal ist dieses Schreien das Gegenteil: Lass mich nicht! Lass mich nicht meiner Wut! Rede mit mir! Bring mich ins Gespräch zurück! Hol mich zurück – zu mir, zu dir!

Der jüdische Gelehrte Raschi (1040-1105) hat vor fast 1000 Jahren diese Auffassung vertreten: „Wir haben noch nicht gehört, dass Mose für die Menschen betete, und Gott sagt: Lass ab von mir! Nun damit öffnete Gott Mose eine Tür und tat ihm kund, dass die Sache von ihm abhänge, wenn er für sie beten würde, würde er sie nicht aufreiben.“

3.
Mose betet waghalsig. Er stellt sich dem göttlichen Lass mich! entgegen. Auch geht Mose nicht auf das Angebot Gottes ein, noch einmal von vorne anzufangen und ihn, den Mose, zum großen Volk zu machen. Mose wird zum Fürsprecher der schuldigen Menschen!
Mose schafft es Gott zu bewegen. Dem betenden Mose gelingt es, Gott zur Umkehr zu bewegen. Am Ende heißt es in Vers 14: Da gereute den Herrn das Unheil, das er seinem Volk angedroht hat. Was für ein phantastischer Satz! Evangelium pur! Gott nimmt seinen Zorn zurück! Wie hat Mose das erreicht?

Mose hat nicht das gemacht, was wir gerne tun, wenn wir etwas angestellt haben: Mose sucht keinerlei Entschuldigung für das Volk. Er sagt nicht, dass alles nicht so schlimm sei. Er macht auch keine mildernden Umstände geltend. Er tut etwas anderes. Mose betet argumentativ. Er bringt Argumente vor. Alle drei Argumente erinnern Gott an seine Treue und Glaubwürdigkeit, also an das, was sein Wesen ausmacht.

Argument 1: Mose widerspricht Gott, der gesagt hat: Dein Volk! Mose, es ist dein Volk. Mose sagt zu Gott in Vers 11: Es ist dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägypten geführt hast! Schau doch mal, was du schon alles investiert hast. Mose akzeptiert nicht, dass Gott seine Zuständigkeit für das Volk beenden will. Mose erinnert Gott an seine Verantwortung und daran, wer er für die Leute ist: Das Volk gehört untrennbar zu dir wie ein Kind zu seinen Eltern. Ein Kind kann man nicht einfach loswerden, nur weil es einen geärgert und verletzt hat. Du bist doch Vater und Mutter!

Argument 2: Mose spricht von der Wirkung des beabsichtigten Handelns Gottes auf Außenstehende. Mose sagt zu Gott: Du musst an deinen Namen denken. Du hast einen Ruf zu verlieren! Soll die Welt dich verspotten? Soll man dich für arglistig und grausam halten? Du würdest dich in der ganzen Welt unglaubwürdig machen. Wer sollte deinem Wort dann noch vertrauen?!

Argument 3: Mose erinnert Gott an dessen Versprechen, das er den Erzvätern gegeben hat. Schau doch auf deine eigenen Versprechen. Du hast es Abraham versprochen. Du hast es Isaak versprochen. Du hast es Jakob versprochen! Du kannst doch ihnen gegenüber nicht wortbrüchig werden! Du wärst dann jemand, der lügt! Das geht nicht! Du kannst dir doch nicht untreu werden!

 

III.
Wie ging es nach unserem Text weiter (siehe 2 Mo 32,15ff)?

Spannend, dramatisch und nicht so glatt, wie man aufgrund von Vers 14 denken könnte.

Mose zerbricht die beiden Steintafeln, auf denen die 10 Gebote von Gott selbst eingraviert waren. Ich lese das als Zeichen dafür, dass etwas zerbrochen ist zwischen Gott und seinem Volk.

Mose schmilzt den Goldenen Stier ein, macht aus dem Goldklumpen ein Pulver und mischt es ins Trinkwasser der Menschen. Ich lese das als Zeichen dafür, dass wir des Öfteren etwas auslöffeln müssen, was wir uns selbst eingebrockt haben.

Mose ruft das Volk zur Abkehr vom Ersatz-Gott und zur Rückkehr zu Gott: Her zu mir, wer dem Herrn angehört!
Und Mose bittet Gott: Vergib ihnen! Er ringt darum, dass Gott unter dem Volk gegenwärtig bleibt und mit dem Volk mitzieht.

 

C.
Teil 2: Die Botschaften für uns

I.
Die Geschichte konfrontiert uns mit uns selbst. Wir sehen uns wie in einem Spiegel.

1.
Es geht in unserem Text um die ersten drei Gebote nach der Zählung der reformierten Kirchen:

(1)
Erstes Gebot: Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt hat (2 Mo 20,2). Du sollst keine anderen Götter haben neben mir (2 Mo 20,3).

Alles Irdische kann ein Götze werden! Man kann eine Person (Führer), eine Kraft (Sexualität, Macht, Erfolg, Geld…), einen Wert (Gesundheit, Wohlergehen, Ehre…) zu Gott erklären.

Wie entsteht ein Götze? Alles, was uns wichtiger ist als Gott, ist unser Götze. Götze ist das, von dem wir uns versprechen, was nur Gott geben kann. Götze ist ein vergänglicher Wert (Erfolg, Aussehen, Anerkennung, Macht, Sicherheit…), der vergöttert wird, als gäbe es ohne ihn keinen Sinn, keine Freude, keine Hoffnung im Leben. Anbetung eines Götzen heißt zu sagen: Solange ich das habe, hat mein Leben einen Sinn, bin ich wichtig, bin ich wertvoll, bin ich abgesichert.

(2)
Zweites Gebot: Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. (2 Mo 20,4ff).

Es untersagt uns also, dass wir irgendetwas Sichtbares oder Unsichtbares zu Gott erklären und damit Gott absetzen und ersetzen.

(3)
Drittes Gebot: Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht. (2 Mo 20,7)

Im Text ist das in Vers 8 am Ende angesprochen: Dies sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägyptenland geführt haben.

2.
Wogegen richtet sich das 2. Gebot?

„Das 2. Gebot wendet sich nicht nur gegen die gegossenen Bilder oder geschnitzten Bilder, sondern auch gegen die geistigen Bilder, die wir uns von Gott machen. Martin Buber sagt, es stehe im ‚Kampf gegen sie sich wider den Glauben auflehnende Phantasie, mit der wir versuchen, uns ein menschliches Bild von Gott zu machen, statt uns mit dem zu begnügen, was Gott selbst offenbart‘ (M. Buber, Moses, 1948, S.186, bei Klaus Bockmühl, Christliche Lebensführung, S.75f)

3.
Aber ist die Bibel nicht voller Bilder von Gott? Ja, das ist sie. Die Bibel hat viele Bilder von Gott: Vater, Hirte, König, Mutter, Freund, Bruder, Henne, Lamm, Löwe. Jesus selbst sprach in Bildern, wenn er den Menschen etwas begreifbar machen wollte. Bilder überwinden die Distanz zum Unvorstellbaren. Bilder sind nötig für den Glauben. Bilder ermöglichen Beziehungen.

4.
Worum geht es dann im Bilderverbot? Wie ist die Logik?

„Götzendienst ist eine heimliche Umkehrung des Verhältnisses von Gott und Mensch. Der Mensch wird zum entscheidenden Faktor. Der Götzenverehrer entscheidet selbst, was Gott sein wird… Das ist symptomatisch für uns alle: Die ganze Geschichte der Menschheit ist ein Versuch, das Bildnis Gottes neu zu definieren.“ (Klaus Bockmühl, Christliche Lebensführung, S.75f)

Wir Menschen fabrizieren in unseren Köpfen und Herzen Bilder von Gott. Standbilder, mit dem wir ihn festlegen. Denkmodelle, die wir für den lebendigen Dreieinigen Gott halten.

Diese Bilder sind entweder Horrorbilder von Gott, wenn unsere Ängste und Vorurteile sie herstellen. Das Bilderverbot untersagt uns, dass wir uns ein Horrorbild von Gott machen, das lediglich unseren Ängsten und Vorurteilen entspricht und diese bestätigt.

Oder diese Bilder sind Wunschbilder von Gott, wenn unsere Wünsche und Interessen sie herstellen. Das Bilderverbot untersagt uns, dass wir uns ein Wunschbild von Gott machen, das den Wunschbildern entspricht und dient, die wir von unserem Leben und von uns als Menschen haben, oder dass dieses Wunschbild von Gott unseren Wunschbildern von unserem Leben und von uns selbst zumindest nicht im Weg ist.

Auf das Thema Wunschbilder möchte ich näher eingehen. Unsere Anfälligkeit für Wunschbilder von Gott zeigt sich an drei Motiven.

Motiv 1: Das Bilderverbot untersagt uns die Illusion, Gott begreifen zu wollen. Es ist eine Illusion zu glauben, wir wüssten immer genau, wer Gott ist, wie er ist, was er tut, wie er reagiert. Wir dürfen Gott nicht auf das Bild reduzieren, das wir von ihm haben. Wir dürfen Gott nicht auf das festlegen, was wir über ihn denken!

Ein Mädchen malte Gott in einer Schulklasse so, dass die Figur über das Din A4 Blatt hinausging. Die Lehrerin fragte sie, warum sie das so male. Die Schülerin antwortete: Gott passt doch nicht in das Bild!

Motiv 2: Das Bilderverbot warnt uns vor der Dauer-Versuchung, dass wir festlegen wollen, wie Gott zu sein hat. Es untersagt uns den Versuch, dass wir Gott im Griff haben wollen, dass wir Gott beherrschen und benutzen wollen.

Motiv 3: Es ist eigenartig. Es gibt eine Krankheit, die Gläubige befallen kann. Man will nicht glauben müssen, sondern wissen, sehen und haben. Das Wort Gottes reicht einem nicht. Die Versprechen reichen einem nicht. Man will Garantien. Man will, dass Gott uns garantiert und risikofrei leitet und führt. Man will die garantierte Gegenwart Gottes. Man will den garantierten Segen. Man will den garantierten guten Ausgang eines Projekts. Man will nicht um Unverfügbaren leben. Man will etwas Sichtbares, Handfestes und Berechenbares. Man will einen funktionierenden Gott.

Für das Predigtgespräch: Wir können uns testen: Was mache ich, wenn Gott sich zurückzieht, wenn ich keine Erfahrungen mache, wenn er mir nicht (sofort) antwortet, wenn der Sinn dessen, was ich erlebe, mir verborgen ist, wie reagiere ich dann? Bleibe ich dann im Vertrauen und im Gebet? Oder ziehe ich mich – verstimmt, traurig, wütend – dann von ihm zurück und entziehe ich ihm das Vertrauen, um wo anders das zu suchen, was ich in meinen Augen so dringend benötige?

5.
Jetzt bleibt die Frage: Worum ging es damals beim Goldenen Stier, worum geht es immer bei goldenen Stieren als Gott-Ersatz und Gottes-Alternative?

Es geht um das zeitlose Thema der Machtvergötterung. Wir tanzen nicht mehr buchstäblich um eine Stierskulptur, aber wie oft dreht sich bei uns Menschen alles um das Thema Macht. Es ist die Religion der Stärke, der Ehre, des Stolzes. Die Macht-Gläubigen wollen stark gemacht werden, andere bestimmen oder übertrumpfen, innere Stabilität verliehen bekommen, wollen von Ängsten befreit werden, Recht bekommen, wollen Erfolg und Ruhm.

 

II.
Die Geschichte zeigt uns den lebendigen Gott

1.
Dieser Text sagt uns: Nehmt Gott ernst!

Was für ein Gott! Ein verletzter, trauriger, wütender, zorniger Gott!

Gott ernst nehmen heißt auch, dass wir uns als Handelnde ernst nehmen müssen: Wir können Gott verletzen oder vertreiben oder zum Schweigen bringen.

Was für ein Gott! Keiner, den wir im Griff hätten! Keiner, der so funktioniert, wie wir das möchten! Keiner, der uns Garantien gibt!

Gott ist frei gegenüber unserem Denken, Reden und Handeln. Es kann sein, dass Gott uns verlässt, weil wir Dinge tun, die ihn verletzen und erzürnen. Es kann sein, dass Gott in seiner Lebendigkeit uns Widerstand leistet, wo wir ihn durch unsere Götzen ersetzen.

2.
Dieser Text sagt uns aber auch: Nehmt Gott froh!

Was für ein Gott! Ein verlässlicher, treuer, segnender, helfender Gott!

Was für ein Gott! Ein Gott, der redet! Und ein Gott, der hört! Ein Gott, der sich bewegen und verändern lässt. Ein Gott, zu dem man beten kann, der zum Beten motiviert.

Sylvia Bukowski (Göttinger Predigtmeditationen, Heft 2/2024, S.267ff) sagt es so: „Der Gott Israels, unser Gott ist kein starrsinniger Rechthaber, der um des Rechtbehaltens willen über Leichen geht! Er ist lebendiger Gott, mit dem zu reden, mit dem zu ringen sich lohnt, weil er tatsächlich hört und sich bewegen lässt von fürbittendem Bitten, von menschlichem Einsatz auch für die, die ihn beleidigen und verletzen.“ Damit sind wir beim dritten Teil, beim Schlussteil der Predigt.

 

III.
Die Geschichte stiftet an zum Gebet. Sie ermutigt zum Beten.

1.
Lasst uns in unsicheren und schwierigen Zeiten im Gebet bleiben! Wenn es hart wird in unserem Leben, wenn Gott uns fremd ist, weil wir ihn nicht mehr verstehen; wenn wir unter dem leiden, was er uns zumutet, dann lasst uns vor Gott hintreten und mit folgenden erprobten Hilfsmitteln ihn suchen:

mit seiner Treue gegen das Fremdgewordensein;
mit seinen Verheißungen gegen unsere schwierigen Erfahrungen;
mit unserem Gewährsmann Jesus Christus gegen die oft schwer zu ertragende Verborgenheit Gottes.

2.
Lasst uns in der Überzeugung und Haltung Moses beten!

Mose nahm den Zorn Gottes ernst, aber er nahm die Barmherzigkeit Gott viel ernster als seinen Zorn!

Mose nahm die Bosheit der Menschen ernst, aber er nahm die Barmherzigkeit Gottes viel ernster als die Bosheit der Menschen, als das Versagen der Menschen.

In dieser Haltung betete er! Mose vertraute in seinem Gebet darauf, dass Gott hört, dass Gott sich bewegen lässt, dass er sich auf das besinnt, was ihn viel mehr ausmacht und kennzeichnet als sein Zorn: sein Erbarmen, seine Gnade, seine Liebe, seine Treue. Amen!