Jes 55,1-3 – Ist Gottes Liebe wirklich bedingungslos? – Von Thomas Pichel

1 Auf, jeder Durstige, kommt zum Wasser! Auch wer kein Geld hat – kommt! Kauft und esst ohne Geld und umsonst Wein und Milch ! 2 Warum wollt ihr Geld hergeben für Nicht-Brot, und den Lohn eurer schweren Arbeit für das, was nicht satt macht? Schenkt mir doch Gehör, dass ihr Gutes zu essen bekommt und sich am Köstlichen eure Seele labe! 3 Neigt euer Ohr zu mir und kommt zu mir, hört zu, dass eure Seele auflebe! Ich will mit euch schließen einen ewigen Bund: die verlässlichen Gnadenerweise für David.

 

I.
Teil 1: Unseren Hunger und unseren Durst verstehen

1.
Thomas, ich werde nicht mehr satt!“ – Diesen Satz sagte mir vor Jahren auf einer Freizeit ein 18-Jähriger. Wer stand da vor mir? Ein sportlich und musikalisch begabter Typ. Vom Aussehen ein Brad Pitt-Typ. Viel Erfolg bei den Mädchen. Viel zu viel Erfolg! Ein cooler Typ aus der Nürnberger Sprayer-Szene. Ein charismatischer Typ mit Gefolgsleuten! Wenn er etwas sagte, hörten alle zu. Aber ein Mensch mit einem Problem. Wenn er nicht bekam, was er wollte, agierte er kalt und verletzend.

Was war sein Problem? Martin Schleske beschreibt es einmal so: „Die Armut an Lebenssinn wird zur Gier nach Lebensmitteln. Die Armut an Gewissheit wird zur Gier nach Sicherheit. Die Armut an Vollmacht wird zur Gier nach Macht. Die Armut an Charisma wir zur Gier nach Kompetenz. Die Armut an Anerkennung wir zur Gier nach Beifall“ (Martin Schleske, Der Klang, S.136). Ich ergänze: Die Armut an Frieden wird zur Gier nach Zerstreuung. Die Armut an Freude wird zur Gier nach Vergnügen. Ein Mensch der Gier aber ist für sich und für andere gefährlich.

Die Seele des Teenagers, der vor mir stand, hat geschrien. Seine Seele wollte nicht mehr Sklavin seiner Selbsthuldigungen sein. Sie wollte nicht länger über seinen Erfolgen, seiner Macht und seiner Beliebtheit ihn selbst verehren, ihn selbst anhimmeln und vergöttern.

2.
Damit sind wir bei dem Thema: Nahrung der Seele. Unsere Seele verlangt nach guter Nahrung, fordert ihren Tribut, genau wie unser Körper. Sie ist voller Sehnsucht. Sie braucht Gutes zu essen und zu trinken. Wenn wir das nicht sehen, verstehen wir uns nicht!

Was ist die Nahrung unserer Seele? Wonach sehnen wir uns?

Wir sehnen uns nach Freude, nicht immer nur nach Vergnügen.

Wir sehnen uns nach Liebe, nicht immer nur nach Beliebtheit. Wir sehnen uns danach, gesehen zu werden, verstanden zu werden. Oder nicht gesehen zu werden, weil wir Angst vor dem Gesehenwerden haben.

Wir sehnen uns nach Würde, nicht immer nur nach Nützlichkeit und Wichtigkeit.

Wir sehnen uns nach Wahrheit, nach Gewissheit, nicht immer nur nach Rechthaben.

Wir sehnen uns nach Gerechtigkeit und Frieden. Wir brauchen Gerechtigkeit und Frieden!

Wir sehnen uns nach Schuldbekenntnis und Vergebungszusage!

 

II.
Teil 2: Die Liebe Gottes verstehen

Dieser Text zeigt uns Gott. Wir erfahren etwas über Gott. Eine Seite seines Charakters, seines Wesens… Dieser Text zeigt uns die Liebe Gottes!

Was sagt uns der, der unser aller Leben geschaffen hat? Was sagt uns unser Schöpfer, dem wir unser Leben verdanken?

Was sagt uns der, der sich in Jesus vorgestellt hat?

1.
Wir müssen uns das vorstellen können! Gott baut einen Markstand auf.

In jedem Gottesdienst. Immer, wenn wir im Hauskreis die Bibel lesen. Immer, wenn wir für uns die Bibel aufschlagen.

Gott stellt sich uns vor als orientalischer Marktschreier, als Brot- und Wasserverkäufer und als Milch- und Weinverkäufer! Er hat etwas, das er uns geben will!

Aber Gott ist ein merkwürdiger Händler. Er will kein Geld! Er ist sozusagen gemeinnützig! Sein großzügiges Herz schlägt für seine Kunden.

Der Himmel ist eine Non profit-Organisation! Gott will nicht Geschäfte mit Dir machen. Er ist nicht auf Profit aus. Gott will und muss nicht auf seine Kosten kommen! Er ist so reich, dass er sich das leisten kann!

Der Jesus Christus-Gott ist Mr. Selbstlos, Mr. Gemeinnützig. Gott lädt alle ein. Er ist der Schenkende! Er ist der, uns beschenken will!

In jedem Gottesdienst steht dieser Stand mit diesem merkwürdigen Händler! Und in jedem Gottesdienst geht es darum, dass Gott uns beschenken will.

2.
Was will er uns schenken? Brot und Wasser. Wein und Milch.

a.
Brot und Wasser das sind die elementaren (Über-)Lebensmittel unserer Seele. Damit müssen wir versorgt sein. Davon ernährt sich unsere Seele.

Brot und Wasser ist die Erfahrung, geliebt zu sein: Ich werde wahrgenommen, nicht übersehen, gewürdigt. Ich werde unterstützt. Mir wird Hilfe zuteil.

Brot und Wasser ist die Erfahrung, Gerechtigkeit zu erleben: Man geht fair und gerecht mit mir um. Ich werde nicht benutzt und ausgenutzt.

Brot und Wasser ist die Erfahrung, ich bekomme das elementar Menschliche: Ich bekomme Trost, wo ich Trost benötige. Ich bekomme Vergebung, wo ich Vergebung benötig. Ich habe Hoffnung. Ich darf Sinnvolles leben.

b.
Was sind Wein und Milch für die Seele, für uns als Menschen? Wein und Milch sind Getränke der Feste, des Feierns, der Freude.

Wir leben von der Freude. Die Freude ist die Lebenskraft unserer Seele.

 

3.
Ist Gottes Liebe bedingungslos? Sind die Geschenke Gottes an uns bedingungslos?

(1)
Antwort 1: Ja. Es heißt hier: Kauft ohne Geld, umsonst, unentgeltlich

Gottes Liebe ist bedingungslos. Sie ist in sich selbst begründet.

Sie ist bedingungslos. Sie braucht dich nicht, um treu zu sein, um dich zu lieben.

Sie ist unabhängig von dir. Gott braucht keine Gründe, um dich zu lieben!

Du musst nicht Gott beeindrucken. Weder mit guten Taten. Noch mit Selbstanklagen. Lass dich von ihm beeindrucken.

Du musst nicht Gott und dir beweisen, dass du es verdient hast, dass du es wert bist.

Lass dich lieben! Lass dich beschenken!

(2)
Antwort 2: Nein.

Die Liebe Gottes ist dennoch bedingt. Sie ist abhängig davon, wie wir auf sie reagieren, was wir ihr erlauben. Sie leidet an dem, was wir ihr verwehren.

Unser Text weiß darum. Er redet vom „Kaufen“. Er sagt nicht: Lass dich beschenken! Wie ist die Logik?

Unser Text mit dem Wort kaufen macht uns darauf aufmerksam: Es kostet uns etwas. Die Liebe Gottes kostet uns etwas.

Gib Gott die Dinge, die dich von ihm fernhalten, die dich von ihm abhalten…

z.B. dein Misstrauen Gott gegenüber! Deine Angst vor Gottes Willen. Die Angst um deine Freiheit, dein Glück, deine Angst, fremdbestimmt zu werden.

z.B. die Angst, ein erlöster Sünder zu sein, die Arroganz, ein Heiliger zu sein.

z.B. dein Vergleichen mit anderen, deine Lust, dich selbst zu beweisen, dich selbst zu rechtfertigen.

z.B. deine Menschenfurcht. Was sagen meine Freunde, wenn ich plötzlich fromm bin?

z.B. deinen Stolz. Ich lasse mir von niemanden etwas schenken, seine Selbstgenügsamkeit (Ich brauche niemanden), seine hochmütige oder verzweifelte Selbstgerechtigkeit (Ich bin gut).

z.B. deine Neigung, dein Problem gar nicht loshaben zu wollen, weil du etwas davon hast: die Aufmerksamkeit durch andere, das Mitgefühl anderer…

z.B. die Meinungshoheit über dein Gewissen

 

III.
Teil 3: Wie reagieren wir auf diesen gemeinnützigen Händler? Wie antworten wir Gott?

1.
Kauft = Redet mit dem Händler! Betet! Schüttet ihm euer Herz aus!

Du bist eingeladen, etwas sehr Wertvolles zu investieren, das Wertvollste, was du hast: Dein Vertrauen und deine Liebe.

Du kannst jetzt zu Gott sagen. Vielleicht das erste Mal! Vielleicht seit langem ganz neu!

Herr Jesus, ich öffne dir einen Raum des Vertrauens, den du einnehmen kannst, komm du zu mir und lass mich zu dir kommen.

Übergib ihm alles, was dich von ihm fernhält! Lass es los! Es wird dich befreien!

Ich vertraue dir meine Sehnsüchte an. Ich vertraue dir meine inneren Nöte an. Ich vertraue dir meine Sorgen an. Ich vertraue dir meine Gier an.

2.
Kauft = hört, was Gott dir sagt, was er dir schenken will

Hört! 3 x hört steht im Text! Schenkt mir euer Gehör! Neigt eure Ohren zu mir! Hört! Lass dir

Dass wir Gott nicht in die Leere laufen lassen. Dass wir uns etwas sagen lassen!

Womit wirbt Gott um dich? Ewiger Bund. Beständigen Gnadenerweise Davids.

Das sind Versprechen! Unsere Seele lebt von dem, was ihr versprochen wird, von den Versprechen, die gehalten werden!

Ewiger Bund. Gott verbindet sich verbindlich mit Dir. Lass ihn nicht ins Leere laufen! Lass dir etwas sagen und lass dich beschenken. Gott ist nie dein Feind! Er kann nie dein Feind sein!

Verlässlichen, beständigen Gnaden-Erweise Davids. Das geht auf 2 Sam 7 zurück. Da geht es um unglaubliche Versprechen an David, an Israel, an die Kirche, an die Menschheit: Da ist vom Messias Jesus Christus die Rede. Von Zukunft. Von Gnade!

Du bekommst Jesus geschenkt! Als Lebenspartner! Als Freund.

Du wirst Erfahrungen machen mit seiner Nähe, mit seinem feeling für dich, mit seinen Reden.

Du wirst Erfahrungen machen mit seiner Macht, mit seiner Treue.

Du wirst Erfahrungen machen mit seiner Gnade. Gnade heißt: Keine Schuld kann mich vernichten, auch deine nicht!