Jesaja 49,13-16 – Der beste Platz – Von Martin Brendel

13 Jauchzet, ihr Himmel; freue dich, Erde! Lobet, ihr Berge, mit Jauchzen! Denn der HERR hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden. 14 Zion aber sprach: Der HERR hat mich verlassen, der Herr hat meiner vergessen. 15 Kann auch eine Frau ihr Kindlein vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie seiner vergäße, so will ich doch deiner nicht vergessen. 16 Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet; deine Mauern sind immerdar vor mir. (Jes 49,13-16)

 

I.
Freue dich!

13 Jauchzet, ihr Himmel; freue dich, Erde! Lobet, ihr Berge, mit Jauchzen! Denn der HERR hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden

Welch ein toller Text zum Jahresanfang!

Jesaja spricht in die Zeit des babylonischen Exils hinein. Die Menschen waren in Babylon und Jesaja macht ihnen Hoffnung. Es geht aufwärts, freut euch, das ganze Land kann sich freuen. Der Herr erbarmt sich, er tröstet sein Volk. So werden die Kapitel ab 40 bei Jesaja auch Trostbuch genannt. Himmel und Erde, die Berge werden aufgerufen sich zu freuen. Es kommt eine ganz große Botschaft. Gott handelt, er tröstet euch und erbarmt sich. Er nimmt sich der Situation des Volkes an und möchte, dass sie wieder nach Hause, dass sie wieder nach Jerusalem zurückkehren. Die ganze Natur wird aufgefordert sich mit Israel zu freuen. Gott selbst wird für die Rückkehr aus der Verbannung sorgen. Israel wird staunen wie viele kommen werden.

Freue dich! Ist die Weihnachtsfreude noch da, oder ist sie nach einer Woche schon wieder verflogen und die Alltagssorgen bestimmen schneller als gedacht wieder alles. Freue dich Welt, dein König kommt. Ich wünschte mir, dass die Freude anhält. Dass ich mich selbst auch immer wieder daran erinnere oder erinnern lasse, dass Jesus da ist. Er hat sich erbarmt und er möchte uns trösten. Ich möchte mich freuen, dass er mich begleitet, dass ich ihn überhaupt kenne. Diese Freude lasst uns weitertragen. Hinein in das Jahr 2022. Niemand weiß was auf uns zukommt. Trotz allen Schwierigkeiten dürfen wir wissen, dass Jesus dabei ist. Wir dürfen mit einer inneren Freude leben. Die Freude, die Christus verheißt, flieht nicht, sobald dunkle Wolken die Sonne verdecken. Im Gegenteil. Sie ist dauerhaft und lässt sich durch nichts die Stimmung verderben. Zum einen dürfen wir uns freuen, dass Jesus da ist im Leben hier und das wir am Ende bei ihm sein werden und er alles neu machen wird.

 

II.
Der Herr hat mich verlassen!

14 Zion aber sprach: Der HERR hat mich verlassen, der Herr hat meiner vergessen.

Die Propheten benutzen die Bezeichnung Zion für Israel sowohl bei der Vorstellung des Gerichts als Folge der Eigensinnigkeit des Volkes als auch bei der Vorstellung des zukünftigen Segens. Gerade in diesen Prophezeiungen über die kommende Erhöhung wird Zion als der Sitz der königlichen Macht des Messias auf dieser Erde gesehen. (Bibelkommentar)

Nun spricht also Israel, der Herr hat mich verlassen, der Herr hat meiner vergessen.

Nun ist ja ein Unterschied zwischen verlassen und vergessen. Vergessen ist schlimmer.

Wenn ich jemanden verlasse, kann ich durchaus noch an ihn denken. Zum Beispiel nach einer Trennung denkt man doch noch an den anderen. Doch wenn ich jemand vergesse, dann denke ich auch nicht mehr an ihn.

Das Volk Israel klagt. Es kann sich noch nicht freuen an der Botschaft, die Jesaja da verkündet. Sie sind in einer richtigen Krise.

Israels Klagelieder klagen Gott ihr Leid auf drei Ebenen:

– Sie klagen, dass Gott sich vom Beter zurückgezogen hat.

– Sie klagen, dass es dem Beter so schlecht geht.

– Sie klagen, dass die Feinde so mächtig sind.

Die Klage in Vers 14 ist die erste. Sie klagen, dass Gott sich zurückgezogen hat. Die anderen Formen der Klage kommen im Kapitel 49 alle noch vor.

Diese Klagen kennen nicht nur die Israeliten, die kennt sicher jeder von uns.

Wenn man mit Gott lebt, kommt man in seinem Leben an Punkte, an denen Fragen aufkommen. Wo ist Gott, warum antwortet er nicht? Warum stecke gerade ich in dieser schwierigen Situation? Warum muss ich das erleiden, ertragen? Warum kommen ständig Anfechtungen, warum wird z.B. von meinen Kollegen mein Glaube nicht ernst genommen? Und vieles anderes mehr.

Zweifel kommen im Glaubensleben immer wieder auf. Wenn es mir nicht gutgeht, hat sich Gott von mir zurückgezogen, mich womöglich vergessen?

Mit dem Klagen ist es so eine Sache. Ich erinnere mich kurz vor Weihnachten, da klagte ich meiner Frau, dass mich das drumherum um Weihnachten so aufregt, die Bewohner auf der Arbeit sind größtenteils aufgeregt, die Vorweihnachtszeit ist sehr anstrengend. Zudem schmecke ich nach meiner Coronaerkrankung im November immer noch nichts. Alles zusammen hat mich runtergezogen. Dann habe ich mir gedacht, wenn ich das immer so machen würde, jeden Tag so klagen, dann ziehe ich entweder meine Frau mit runter, oder sie ist genervt davon und sagt bestimmt, dass ich endlich aufhören soll mit der Klagerei, sie kann es bestimmt bald nicht mehr hören. Es besteht zwischen Menschen die Gefahr, dass man sich auf die Nerven geht, sogar entfremdet.

Schauen wir uns die Klagen in der Bibel an, besonders die Klagepsalmen, dann spürt man, dass Gott am Ende doch größer ist, größer als die Klage. Wie reagiert Gott? Ist er auch irgendwann genervt? Jetzt muss er sich ja nicht nur meine Klagen anhören, sondern die Klagen von Millionen von Menschen. Klagen heißt – Gott hält mich aus! Er liebt mich, er kennt mich, er hört mich an. Ich kann Gott alles vorwerfen. Gott hält mich aus. Gott hält dich aus! Und er hält uns auch als Gemeinde aus! Das ist so tröstlich!

 

III.
Der Herr vergisst uns nicht!

15 Kann auch eine Frau ihr Kindlein vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie seiner vergäße, so will ich doch deiner nicht vergessen. 16 Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet; deine Mauern sind immerdar vor mir.

Der Herr antwortet auf die Klage. Jesaja benutzt zwei Bilder. Das erste ist das Bild von der Mutter mit ihrem Kind. Eine liebende Mutter, die ihr Kind nie und nimmer vergisst. Es zeigt das mütterliche Erbarmen Gottes.

Es kommt leider vor, dass Mütter (oder auch Väter) ihre Kinder vergessen. Es gibt die schlimmsten Berichte darüber. Gott versichert uns, dass das bei ihm nie passieren wird.

Das zweite ist das Bild eines Architekten, der den Bauplan einer Stadt schon im Kopf hat und in seine Handflächen einzeichnet. So plant und vollendet Gott den Bau Jerusalems.

Wenn man diesen Vers persönlich nimmt, heißt das, dass Gott schon mit dir und mir plant und vollendet was er vorhat. Zum einen unsere persönliche Veränderung, Gestaltung und wie wir einst sein werden. Gott hat noch viel vor mit uns. Gottes Handeln ist uns voraus!

Auch der Hinweis auf die Mauern ist interessant. Eine Mauer wird oft negativ gesehen, als Hindernis betrachtet. In diesem Fall stellt die Mauer einen Schutz dar. Die Stadtmauer gab Sicherheit. So möchte auch Gott uns Sicherheit schenken. Wir sind sicher bei ihm, egal was kommt.

In die Hände gezeichnet hat bestimmt schon jeder einmal etwas. Viele vielleicht in der Schule, um sich etwas Wichtiges zu notieren, oder eine Telefonnummer notiert, wenn man keinen Zettel griffbereit hatte. Und das Tolle daran ist, man hat es bei sich, man braucht nur die Hand zu öffnen und schon erinnert man sich daran. Ist das nicht ein tolles Bild?! Gott braucht nur seine Hand öffnen und er denkt an uns. Dann kommt natürlich gleich der Gedanke an Jesus und die Wunden der Nägel in seinen Händen. Auch da sieht er uns. Das hat er für uns gemacht.

 

IV.
Der beste Platz der Welt.

So ist ein Andachtsvorschlag zu dem V.16 überschrieben. Das hat mich neugierig gemacht. Neben diesem Vers waren noch andere angegeben. Alle drücken aus, dass der beste Platz der Welt beim Herrn ist.

Ein Platz, wo man gerne ist, an dem man sich gerne aufhält, ist wichtig.

Jeder hat ja so seinen Lieblingsplatz. Zu Hause, oder ein ruhiger Platz in der Natur, oder ein Lieblingsurlaubsziel. Das brauchen wir und es tut uns gut.

1.
In den Händen des Herrn (Jesaja 49,16)

16 Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet; deine Mauern sind immerdar vor mir.

Wir sind eingezeichnet in die Hände des Herrn. Wie vorhin schon erwähnt, ist es ein tolles Bild. Gott öffnet seine Hand und sieht uns. Und wir sind geborgen in seiner Hand. Da ist mir das alte Lied „He`s got the whole world in his hands“ eingefallen. Er hat die ganze Welt in seiner Hand und sieht trotzdem den einzelnen Menschen. Das können wir nicht begreifen, das können wir nur staunend glauben.

2.
Auf der Schulter des Herrn (Lukas 15,5)

5 Und wenn er’s gefunden hat, so legt er sich’s auf die Schultern voller Freude.

Es ist ein wunderbares Bild, das Jesus in der Geschichte vom verlorenen Schaf erzählt. Ein Hirte, der sein Schaf auf seinen Schultern nach Hause trägt. Das Bild strahlt großen Frieden und tiefe Geborgenheit aus. Mit diesem Bild will Jesus uns seine große Liebe und Fürsorge zu uns verdeutlichen. Er ist ja der gute Hirte. Ihm geht es nicht um die Masse. 99 Schafe kann er z. B. in der Wüste zurücklassen, weil er das eine vermisst. Er sucht das eine, das sich verloren hat, weil das eine ihn braucht und ohne Hirten verloren wäre. Das ist doch wunderbar. Gott kümmert sich um jedes einzelne seiner Menschenkinder. Das ist so tröstlich. Gott ist so anders als wir. Er weiß. wo wir gestrandet sind. Er kennt die ausweglose Lage, in die wir uns manövriert haben. Und er freut sich, wenn wir uns von ihm finden lassen.

Wie gut, dass der Hirte sein verlorenes Schaf vermisst. Ich will deiner nicht vergessen. Gott ist es nicht egal, was mit uns passiert, wohin wir gehen.

Gott macht das mit Freude, er freut sich, wenn wir uns tragen lassen.

Es ist aber auch die Bereitschaft notwendig, sich tragen zu lassen. Wie oft geschieht es, dass man angebotene Hilfe ablehnt. Das schaffe ich schon, das braucht es nicht. Wie oft verlassen wir uns auf uns selbst, auf die eigene Kraft. Ich muss mir immer die Frage stellen, lasse ich mir helfen, lasse ich mich tragen?

3.
Unter dem Schatten seiner Flügel (Psalm17,8)

8 Behüte mich wie einen Augapfel im Auge, beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel.

Ja, wir sind Gottes Augapfel! Überaus kostbar und wertvoll, umhüllt von seiner Nähe, geschützt und geliebt. So sieht uns Gott. Er möchte uns Schatten spenden. In einem heißen Sommer können wir uns freuen am Schatten. Man hält es in der Sonne kaum aus. Gott möchte uns Schatten spenden, wenn alles fast unerträglich wird. Und er bietet uns Schutz. Das heißt nicht, dass uns kein Unglück mehr ereilen kann. Vielmehr denke ich er bietet Schutz, dass wir bei ihm bleiben, unseren Glauben nicht aufgegeben oder verlieren.

4.
Zu den Füßen des Herrn
(Lukas 10,39)

39 Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu.

Die bekannte Geschichte von Marta und Maria. Maria hörte Jesus zu. Jesus zuhören. Das fällt uns im Alltag oft nicht leicht. Manchmal fehlt die Zeit, manchmal die Ruhe. Es ist wichtig für uns, Jesus zuzuhören, was er uns sagen will. Manchmal braucht es vielleicht auch eine bewusste Auszeit.

Zuhören ist etwas, das nicht jeder gut kann. Viele möchten gleich zu allem etwas sagen.

Lassen wir das was Jesus sagt auf uns wirken. In einer Predigt, indem wir uns Zeit nehmen und selbst in der Bibel lesen.

Wenn ich eine Predigt vorbereite, lese ich viel. Das ist auf der einen Seite viel Arbeit, auf der anderen eine gesegnete Zeit. Das, was ich dann schreibe, geht erstmal durch mich durch. Ich predige erstmal mir selber.

In der Geschichte von Marta und Maria kümmert sich Marta um das Essen. Die Lebensmittel, die wir zu uns nehmen haben alle ein Verfallsdatum.

Sein Wort ist Speise ohne Verfallsdatum. Es ist unerschöpflich. Wir können immer wieder etwas Neues entdecken.

Nehmen wir uns Zeit zum Auftanken bei Jesus.

Hans Peter Royer sagte einmal in einer Predigt: Christsein besteht aus zwei Dingen, nicht mehr. Zu Jesus kommen und in Jesus bleiben. Das ist Christ sein.

Zu Jesus kommen ist relativ einfach, aber bei ihm zu bleiben ist nicht so einfach. Wie lebe ich mit Jesus? Wie kommuniziere ich mit ihm?

5.
In den liebevollen Armen des Herrn (Lukas 15,20)

20 Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

Ja, in den Armen des Vaters ist der schönste Platz. Die Geschichte vom verlorenen Sohn berührt mich immer wieder. Und diese Szene als der Vater seinen Sohn schon von weitem sieht lief er voller Freude auf ihn zu, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

So freut sich Gott, wenn wir zu ihm kommen. Er nimmt uns auf. Egal was war, in welchem Zustand wir sind. Da kommt nicht zuerst der erhobene Zeigefinger und eine Zurechtweisung. Erstmal nimmt er uns auf.

Die Jahreslosung für das Jahr 2022 heißt: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ Gott wartet sehnsüchtig auf dich und mich. Er wartet auf die, die ihn noch nicht kennengelernt haben und er wartet auch auf die, die ihn schon kennen. Die ihn schon kennen, brauchen genauso die liebevollen Arme des Vaters, brauchen immer einen Zufluchtsort.

Das möchte er uns sein. Amen