Psalm 23 – Teil 2 – Der göttliche Gastgeber und Caterer unseres Lebens – Von Thomas Pichel

Ps 23,5: Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

 

A.
Vorbemerkung: Ulrike und Wolfgang Bittner haben mir durch ihre Meditation über Psalm 23 den Predigttisch reichlich gedeckt.

 

B.

I.
Wir versuchen, uns die Szene vorzustellen

Ich habe einmal in einem Bibelmuseum eine Art Beduinenzelt gesehen, dessen Vorderseite ganz geöffnet war. In der Mitte dieses großen Zeltes war ein Teppich. In der Mitte des Teppichs waren Datteln, Feigen, Brot, Wasser, Milch, Wein und Fleisch platziert. Um diese Mitte herum waren Sitzkissen gruppiert. Diese Erinnerung hilft mir, mir die Szene vorzustellen.

Gott ist der gute Wirt und Gastgeber Davids. David wird willkommen geheißen und ins Zelt hereingebeten. Es ist ein Ort der Gastfreundschaft. Es ist ein guter Ort. David setzt sich. Es gibt einfaches, aber gutes Essen. Es gibt frisches Wasser und guten Wein. Alles ist mehr als genug.

Vor dem Zelt sitzen wie aufgereiht Davids persönliche Gegner, ja Feinde. Sie sitzen ihm gegenüber, wie es im Psalm wörtlich heißt. In welcher Entfernung wissen wir nicht. Sie haben David im Visier. Sieht David sie an? Wir wissen es nicht.

David lässt sich bewirten. Er beginnt zu essen und zu trinken. Er scheint nicht verwirrt und gestresst zu sein, dass die Gestalten da sind. Als ob Friedenszeit wäre.

Ich frage mich: Wie schafft David das? Woher hat er diese Ruhe? Was ist der Grund für seine Ruhe? Wir kommen auf diese Frage später zurück!

 

II.
Es ist gut, wenn wir um die bedrängenden Rahmenbedingungen unseres Lebens wissen

Bevor wir zu dem Thema der Feinde kommen, möchte ich ein anderes Thema anschneiden. Dazu verändere ich den Bibeltext: Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht der bedrängenden Rahmenbedingungen meines Lebens! Es gibt in jedem Leben bestimmte Rahmenbedingungen und Umstände, die uns vorgegeben sind und uns beeinflussen.

1.
Wie lauten zurzeit die großen Rahmenbedingungen unseres Lebens, die uns bedrängen und bedrohen.

Wir leben in einer zerbröckelnden Schöpfung und in einer zerrissenen Welt.

Da ist Corona, die Coronazeit mit ihren Folgen.

Da ist das Artensterben. Da sind die Kämpfe um die Ressourcen dieser Welt.

Da sind die großen Kriege und kleinen Kriege.

Da sind die vielen Flüchtlinge auf dieser Welt.

Da sind der Klimawandel und die Wirtschaftskrisen.

Da sind die Risse und Konflikte in unserer Gesellschaft.

Da sind die Landtagswahlen im Herbst in Deutschland und die Präsidentenwahl in den USA.

Da ist die Krise der Kirchen in Deutschland.

2.
Wie lauten die persönlichen Rahmenbedingungen, die uns bedrängen können?

Ich zähle einige Stichworte auf, die nicht zutreffen müssen, aber können:

Beruflicher und privater Stress.

Ehescherben und Familienfehden.

Krankheiten. Anstehende Operationen. Psychische Nöte.

Schicksalsschläge. Unglücksfälle.

Persönliche Ängste, Zukunftsängste.

3.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns über die Rahmenbedingungen unseres Lebens im Klaren sind.

Und ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass wir uns im Klaren darüber sind, was uns Gott, unser Gastgeber, unser guter Wirt, unser göttlicher Caterer mitten in diesen bedrängenden Umständen auftischt, schenkt und möglich macht.
Man kann dazu das Gebet beten: Herr, ich bitte Dich, öffne mir die Augen, dass ich das sehe, was Du mir schenkst, was ich durch Dich habe, dass ich das Gute in meinem Leben nicht übersehe.

 

III.
Es ist gut, wenn wir um unsere Bedränger und ihre Machenschaften wissen

Das hebräische Wort in Ps 23,5 heißt „sar“. Es meint wörtlich „Bedränger“. Es meint Menschen, die den Becher unseres Glücks und Friedens ständig leeren, die unser Leben beeinträchtigen, einschränken und erschweren, ja die uns an die Gurgel gehen und die Luft abdrehen. Ihr Verhalten äußert sich in unterschiedlichen feindseligen Verhaltensweisen.

David spricht von der Dauerpräsenz seiner persönlichen Gegner, die ihn im Visier haben. Sie waren immer wieder eine Gefahr für Leib und Leben.

1.
Ich zähle nun einige Verhaltensweisen von Menschen auf, die persönliche Gegner von anderen Menschen sind. Die Liste ist natürlich zu ergänzen:

Feinde verletzen die Rechte anderer, verletzen seelisch, können körperlich verletzen. Sie entwerten und entwürdigen.

Feinde drohen mit Gewalt oder tun anderen Gewalt an.

Feinde hassen und hetzen. Sie gehen offen aggressiv vor oder verborgen hinterhältig. Sie arbeiten mit eiskalten Wahrheiten, Lügen und Betrügereien.

Feinde verfolgen ihre Interessen auf Kosten anderer. Feinde generieren immer Opfer.

Feinde wollen Menschen weghaben. Von einer bestimmten Arbeitsstelle z.B. Am Ende dieses Weghabenwollens steht das Töten eines Menschen. Bei David war das mindestens dreimal der Fall. Goliath, Saul und sein eigener Sohn wollten David töten. Wobei David auch zum Feind der Bathseba und des Uria wurde. David war ein Mörder!

2.
Warum tun Feinde das? Was sind ihre Motive?

Enttäuschte Liebe, aus der Hass wurde. Ängste, aus denen Hass entsteht. Lust und Leidenschaft. Neid und Eifersucht! Rivalität und Konkurrenzdenken! Geldgier und Habsucht! Ehr- und Machtsucht! Rache und Vergeltung!

Menschen können feindselig agieren, weil sie sich vom anderen im Gewissen gestört fühlen. Ein Angestellter wurde von seinem Chef schikaniert und dann aussortiert, weil er bei einem Geschäftsbetrug nicht mitmachen wollte.

Christenmenschen können Feindseligkeiten erleben, weil Menschen sich von Gott gestört und bedroht fühlen, weil sie Gott für ihren Gegner, ja Feind halten, weil Menschen eine unerlöste Allergie gegen den christlichen Glauben in sich tragen.

 

IV.
Es ist sehr gut, wenn wir wissen, was Gott für uns tut, wenn er uns bewirtet.

1.
Wenn unsere Lebensumstände schwierig sind, wenn unsere persönlichen Gegner als Exponenten des Bösen mit ihrer Dauerpräsenz unser Leben beeinträchtigen (Becher wird leer) und ein permanentes Bedrohungspotential darstellen, dürfen wir nicht vergessen und übersehen, dass Gott unser Gastgeber ist, unser guter Hirte und unser guter Wirt. Wir dürfen dann nicht das Gute übersehen, dass er uns schenkt.

David hat das Eingeschränktsein, das Bedrängtsein am eigenen Leibe erlitten. Wir lesen im 1 Samuelbuch davon. Er musste sich in der Wüste Juda verstecken. Seine Männer und er waren ohne gesicherte Versorgung. Er musste seine Eltern ins Ausland in Sicherheit bringen.

2.
Was tut Gott, unser Lebensgastwirt, unser göttlicher Caterer?

Ps 23,5 redet von drei Dingen: Gott tischt uns auf. Er salbt uns. Er schenkt uns voll ein.

(1)
Gott schenkt uns Brot und Wein, das heißt er schenkt uns körperliche und materielle Nahrung, und er schenkt uns Nahrung für unsere Seele.

Er gibt Brot. Brot steht stellvertretend für alles, was wir täglich an Nahrung und zum Lebensunterhalt benötigen. Brot ist das Lebensnotwendige, ohne das ein Leben nicht funktioniert.

Er gibt Wein. Beim Wein geht es nicht um das pragmatisch Notwendige, das wir brauchen, um zu leben, sondern um das, was darüber hinausgeht und das Leben glücklich und schön macht. Wein steht für Lebensfreude und Sinnesfreuden. Alles, was wir genießen dürfen!

(2)
Gott salbt uns.

Gott salbt den David. Allein das ist schon faszinierend. Denn normalerweise macht das der sozial niedriger Gestellte, der dem Hohen die Salbung als Zeichen seiner Ehrerbietung erweist.

Man nahm sehr gutes Salböl und verteilte es auf dem Kopfhaar oder auf der Glatze. Man massierte damit die Schläfen und die Stirn.

Das ist zunächst gar keine symbolische Handlung, sondern eine Wohltat für die Haut, die in der Wüste ja trocken wird und ist.

Aber die Salbung ist auch eine symbolische Handlung. Gott sagt zu David: Ich will dich. Ich habe dich erwählt. Du bist mein Werkzeug! Du bist mein Gesegneter!

David weiß sich also von Gott geliebt und geehrt, ausgesucht und berufen.

Wir Christen haben die Salbung, wenn überhaupt, nur in der Krankensalbung. Bei uns kann mit Hilfe von Worten das geschehen, was die Salbung bezwecken wollte: Anderen gut zu tun! Anderen Gewissheit und Ermutigung zusprechen! Anderen einen Segen mitgeben!

Welche „Salbungs-Worte“, welche guten Worte sagt Gott Dir? Gott sagt zu Dir und mir: Ich will dich. Ich habe dich erwählt. Du bist mein Werkzeug! Du bist mein Gesegneter!

(3)
Gott schenkt uns voll ein. Er heißt wörtlich: So voll, dass es überfließt!

Wir sind jetzt bei der Frage vom Beginn der Predigt. Wir sagten: Er kann akzeptieren, dass die Umstände nicht optimal sind, dass die Feinde da sind. Wie schafft David das? Was ist der Grund für seine Ruhe? Wie kommt David dazu, das, was ihm geschenkt ist, angesichts seiner Feinde als voll zu beschreiben? Wie kann er das sagen: „Mein Becher ist bis zum Rand gefüllt. So dass er überfließt“?

Die Frage ist m.E. sehr verständlich. Mein Eindruck ist, dass bei uns schon harmlosere Dinge ausreichen, um uns zu stören, um uns zu stressen: Eine Kränkung. Ein fehlendes Dankeschön. Eine Kritik. Die Nichtbestätigung unserer Meinungen.

Reiner Knieling hat mich mit seiner Übertragung von Psalm 23 in seinem Buch „Kraftworte“ auf die Antwort gebracht:

David weiß sich von Gott geehrt und beschenkt. David weiß auch, dass Gott der Handelnde ist, dass Gott auch gegen seine Feinde handelt.

David weiß: „Meine Feinde sehen es und können nichts machen. Böse Mächte reichen in diese Tiefe nicht.“ (Kraftworte, S.51) Niemand und nichts kann die Gemeinschaft mit Gott zerstören. Niemand und nichts kann das, was Gott mir schenkt, kaputtmachen.

 

C.
Beim Abendmahl

I.
Der Tisch ist gedeckt mit feinster geistlicher Nahrung.

Der Tisch ist gedeckt mit Gewissheit: Gott schenkt sich mir, schenkt mir die Gemeinschaft mit sich, seine Gegenwart und Nähe. Gott liebt mich wirklich! Egal, wie mein Leben verläuft, der Sinn meines Lebens ist unverlierbar.

Der Tisch ist gedeckt mit Erwählung: Gott sagt zu Dir: Ich will Dich!

Der Tisch ist gedeckt mit Vergebung: Gott sagt zu Dir: Deine Schuld kann mich nicht vernichten!

Der Tisch ist gedeckt mit Hoffnung. Ich bin in keiner schwierigen, bescheidenen, mistigen… Situation allein! Gott ist meine Schutzmacht! Ich muss nicht allein gegen meine Feinde kämpfen. Ja, manchmal muss ich überhaupt nicht kämpfen!

Denn ich weiß: Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar. 

Und eines Tages wird es keine schwierigen Umstände und keine Feinde mehr geben! Gottseidank! Aber Gott wird da sein und uns den Tisch in der Ewigkeit noch einmal ganz anders decken!

II.
Bis es so weit ist, haben wir einen Auftrag!

Den Tisch für andere decken. Andere salben. Anderen voll einzuschenken!

Denn für viele Menschen ist der Tisch nicht gedeckt. Noch immer hungern und verhungern Menschenkinder.

Noch immer hungern Menschen nach seelischer Nahrung: nach Gesehenwerden, nach Würde, nach Wertschätzung, nach Anerkennung…

Decken wir ihnen den Tisch! Salben wir sie mit guten Worten, guten Gesten und guten Taten!

Und schenken wir ihnen voll ein! Und schenken wir ihnen voll ein! Wenn wir z.B. sehr viel Geld haben, wenn unser Geld sozusagen überfließt, dann schenken wir anderen ein!