Psalm 23 – Teil 4 – Der göttliche Seelen-Segner und Wegbereiter – Von Thomas Pichel

Ps 23,3. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße.

 

I.
Du erquickst meine Seele

1.
Mit dem Stichwort Seele ist ein großes und wichtiges Thema der Bibel angesprochen. Ich beschränke mich auf Hauptgedanken des biblischen Zeugnisses:

Seele – das sind wir selbst. Das ist die Art und Weise, wie wir leben. Seele – das ist unsere Lebendigkeit, unsere Vitalität, unser Lebenswille, unser Wollen und Wünschen…

Unsere Seele braucht gewisse Dinge als Lebenskräfte:

Freude. Etwas zum Feiern. Es wird schwierig, wenn wir das nicht haben.
Hoffnung. Zuversicht. Es wird schwierig, wenn uns das fehlt.
Sinnvolles Tun. Wir verkümmern, wenn wir keinen Sinn in unserem Tun sehen.
Schöpferische Ruhe. Unsere Seele wird überstrapaziert, wenn sie diese nicht bekommt.

2.
Wir ahnen, worauf Davids Satz „Du erquickst meine Seele“ anspielt. Wir kennen die Nöte auf den Durststrecken und in den Wüstenzeiten unseres Lebens: Man hat das Gefühl, die Luft ist raus. Nichts berührt einen wirklich. Die Seele ist entmutigt, das Herz matt und müde. Lebensfreude und Lebenslust sind verlorengegangen.

3.
Und jetzt bezeugt David: Gott ist mein Seelen-Erquicker und Seelen-Segner. Gott ist mein Seelen-Zurückbringer, wie es wörtlich heißt. Er bringt mir Lebensfreude, Lebensenergie, Lebenslust zurück; Sehnsucht und Leidenschaft. Mut und Hoffnung. Dadurch kann ich aufatmen. Dadurch werde ich erquickt.

4.
Der Psalmvers lädt uns zu einer Übung ein.

Wo kenne ich es, dass ich alle Lebensfreude und Lebenslust verloren hatte? Wo habe ich gemerkt, ich kann mir diese Kräfte nicht mehr selbst zurückbringen?

Wie war das, wo mein Lebenwollen und Gerne-Leben zurückkamen? Wo habe ich Gott als Seelen-Segner erfahren, als denjenigen, der mir Freude, Motivation, Mut, Hoffnung, zurückbrachte?

 

II.
Du führest mich auf rechter Straße.

1.
Verständnis 1 dieses Verses bezieht sich auf die ethisch-moralische Frage von Gut und Böse

Ich deute das nur an. Es ist ein eigenes großes Thema.

Ist mein Verhalten gut oder böse? Wohin führt mich mein Verhalten?

Wie verhalte ich mich, wenn ich schuldig geworden bin?

2.
Verständnis 2 dieses Verses bezieht sich auf unsere Lebensentscheidungen.

Das ist die Frage, die immer wieder brennend werden kann für uns. Wie soll ich mich entscheiden in den Entscheidungssituationen des Lebens? Beim Zugehen auf einen Partner, bei der Wahl eines Berufes, eines Studiengangs, beim Wechsel in eine andere Stelle, in der Frage, ob man in eine andere Stadt umzieht.

Jede Weichenstellung hat große Auswirkungen. Jedes Mal stehe ich vor der Frage, ob ein Weg richtig ist für mich oder nicht.

Wir dürfen Gott also fragen, wie es mit uns weitergehen soll, wohin unsere Lebensreise gehen soll. Wir dürfen Gott bitten, dass er uns führt.

3.
Verständnis 3: Was können wir mit Gott erleben?

Der Ausdruck hier in Vers 3 kann übersetzt werden mit „aufgeschütteter Weg“. Worauf will diese Übersetzungsmöglichkeit hinaus?

Es ist die Logik der Liedzeile Paul Gerhards: Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn. Der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.

Um uns das vor Augen zu führen, stellen wir uns vor: Wir sind mit dem Hirten David im Gebirge Juda unterwegs.

Es gibt manchmal Stellen, wo Menschen und Tiere erst einen Abhang hinuntersteigen und auf der anderen Seite wieder hochgehen müssen. Das ist umständlich und mühsam. Es kostet Zeit und Kraft. Es ist auch nicht ungefährlich.

Und nun spricht David von einem aufgeschütteten Weg, so dass man ohne Schwierigkeiten, ohne Anstrengung, leicht und bequem weitergehen kann, weil man nicht erst mühsam hinunter und auf der anderen Seite mühsam wieder hochsteigen muss.

David sagt also über Gott: Du führst mich aufgeschüttete Wege. Ahnen wir, worauf David anspielt?

Es ist eine Erfahrung, die wir kennen: Man denkt, da gibt es überhaupt keinen Weg. Man fürchtet, das wird schwierig. Aber es ist gar nicht kompliziert. Auch nicht anstrengend. Wir können einfach weitergehen.

David weiß, dass das nicht immer so ist. Er spricht ja im nächsten Vers vom dunklen Tal. Aber hier sagt er: Gott ist der Weg-Bereiter, der Weg-Macher.

3.
Drei Bildvergleiche illustrieren für mich das, war der Ausdruck „aufgeschüttete Wege“ meint:

Da ist das Bild eines Steges in einem Sumpfgebiet: Ich kann sicher weiterlaufen.

Da ist das Bild einer Brücke, über die ich gehen kann. Ich komme schnell und sicher vorwärts.

Und da ist das Bild einer offenen Tür. Ich dachte, die Tür in die Zukunft ist zu, ist verschlossen. Aber es war wie vorbereitet. Eine Tür nach der anderen ist aufgegangen.

Das Bild von der richtigen Straße bedeutet also: Gott schenkt uns positive Überraschungen. Es ist manchmal gar nicht so, wie man befürchtet. Es ist wider Erwarten nicht schwer, sondern viel leichter als wir denken. Da ist etwas richtig gut für uns. Da ist etwas genau für uns richtig. Da waren Wege zutiefst richtig für uns.

 

III.
Tipps für die Praxis

Im Gottesdienst sahen die Besucher an dieser Stelle ein Bild. Eine Person steht an einer Tafel. Sie hat bis jetzt zwei Wörter hingeschrieben: Hören und Zusammenarbeiten!

I.
Tipp 1: Auf Gott hören und mit ihm zusammenarbeiten!

Im Vertrauen auf ihn leben. Auf seine Stimme hören.

Ihn danken, wo er uns Freude schenkt.

Ihn bitten, wo wir neu Freude, Mut, Hoffnung brauchen.

 

II.
Tipp 2: Auf die beiden zusammenhängenden Teile von Psalm 23,3 hören!

Die beiden Aussagen „Gott erquickt unsere Seele“ und „Gott bereitet uns richtige Wege“ hängen zusammen.

(1)
Manchmal kommt die Lebensfreude zurück, wenn ein Mensch einen Paradigmenwechsel erlebt, wenn er in seinem Denken einen Wechsel erlebt.

Ich nenne als Beispiel eine Frau, die meinte, sie müsse funktionieren und funktionieren und funktionieren. Bis sie ausstieg aus ihrem Hamsterrad und sich in eine Fachklinik für Burnout begab…

Fußnote:
Damit berühren wir das Thema der seelischen Nöte und psychischen Erkrankungen. Für mich gibt es zwei Leitplanken, zwischen denen ich mich bewege:

Leitplanke 1: Gebet allein reicht bei psychischen Krankheiten in der Regel nicht. Es braucht Therapien und Medikamente.

Leitplanke 2: Auf der Fürbitte liegt eine große Verheißung. Wie ahnen wahrscheinlich nicht, was Fürbitte durch Gottes Macht alles verhindert oder bewirkt.

(2)
Manchmal kommt die Lebensfreude zurück, wenn ein Mensch einen Ortswechsel, einen Berufswechsel oder einen Stellenwechsel unternimmt und erlebt. Ich kenne einige, die an einer neuen Stelle aufgeblüht sind.


III.
Tipp 3: Auf unsere Seele hören und mit ihr zusammenarbeiten!

Vielleicht klingt das für einige von uns komisch. Aber ich meine es ernst. Unsere Seele redet mit uns. Man kann es lernen, auf sie zu hören. Man muss ihr nicht immer Recht geben, aber man muss sie hören. Und wir müssen mit ihr gut umgehen! Wir müssen sie pfleglich behandeln!

Ich deute mit zwei Themen an, worum es geht!

(1)
Wer kennt das nicht? Wir erschöpfen unsere Seele, wir frustrieren sei, weil das Funktionieren uns wichtiger erscheint als die Freude. Es ist Gefahr in Verzug, wenn wir unseren Selbstwert nur fühlen, wenn wir etwas Nützliches tun. Dann wird unsere Seele ruhelos, müde und auf Dauer hart. Unsere Seele lebt nicht vom Funktionieren, nicht von der Zweckdienlichkeit, sondern von der Freude, vom Feiern. Sie lebt nicht von unserer Wichtigkeit, sondern von unserer Würde. Es kann sein, dass unsere Seele zu uns sagt: Ich fühle mich benutzt, aber nicht gesehen. Deshalb fühle ich auch nichts von deinem Gott (nach Martin Schleske, WerkZeuge, 25.8.).

(2)
Wer kennt das nicht? Wir wollen uns selbst beeindrucken, wir wollen andere beeindrucken, wir wollen, wenn wir gläubig sind, Gott beeindrucken. Mit unseren Erfolgen, mit unserer Besonderheit, mit unserer Perfektion. – Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir uns selbst damit keine gute Nahrung schenken. Ich las in dem Buch von Martin Schleske: Unsere Seele will nicht Sklavin unserer Erfolge und Selbsthuldigungen sein. Unsere Seele braucht es, dass Gott sie beeindruckt. Deshalb: Gönnen wir Gott! Lassen wir ihn uns beeindrucken!