Joh 12,1-8 – Menschliche Liebe. Verratene Liebe. Göttliche Liebe. – Von Thomas Pichel

1 Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach Betanien (= Armenhausen, heute Al-Eizariya), wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den Toten. 2 Dort machten sie ihm ein Mahl und Marta diente ihm; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch saßen. 3 Da nahm Maria ein Pfund (römisches Pfund = 327,5g) Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füße; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls. 4 Da sprach einer seiner Jünger, Judas Iskariot, der ihn hernach verriet: 5 Warum ist dieses Öl nicht für dreihundert Silbergroschen verkauft worden und den Armen gegeben? 6 Das sagte er aber nicht, weil er nach den Armen fragte, sondern er war ein Dieb, denn er hatte den Geldbeutel und nahm an sich, was gegeben war. 7 Da sprach Jesus: Lass sie in Frieden! Es soll gelten für den Tag (der Vorbereitung) meines Begräbnisses. 8 Denn Arme habt ihr allezeit bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit.

 

A.
Einleitung:

Stellen wir uns diesen Text als ein Triptychon vor, als ein dreiteiliges Altarbild. In der Mitte das Hauptbild: Die Liebe Jesu. Die Liebe Gottes. Das linke Seitenbild zeigt uns die Geschwister Lazarus, Maria und Marta. Das rechte Seitenbild zeigt uns Judas.

 

B.

I.
Lazarus, Maria und Martha zeigen uns, was Christsein sein kann.

Lazarus, Maria und Martha schließen uns symbolisch auf, was Christsein sein kann, was Glauben an Gott bedeutet.

1.
Lazarus

Lazarus ist ein Staunender. Er kommt aus dem Staunen nicht heraus. Er hat eine krasse Erfahrung mit Gott und Gottes Macht gemacht. Er weiß, dass Gott viel mehr ist als ein Gedanke. Jesus hat ihn 4 Tage nach seinem Tod auferweckt und ins Leben zurückgeholt. Ich bin nicht neidisch. Denn es heißt in Joh 12,9, dass die Behörden ihn töten wollen, weil er zu einem Promi-Christen geworden war, den jeder sehen und hören wollte, weil er ein zu guter Zeuge für Jesus geworden war.

Wir sind nicht Lazarus. Und doch können wir von Lazarus viel über unser Leben, unser Christsein und unseren Glauben lernen! Es gibt keine einzige Stelle im Neuen Testament, in der Lazarus etwas tut, mitarbeitet, dient, etwas gibt. Hier in Joh 12 sitzt er mit anderen zusammen am Tisch und wird bedient. Was für ein Symbolbild! Das ist das Grundlegende im Christsein. Wir sind Eingeladene, herzlich Willkommene! Wir sind Beschenkte und Empfangende! Im Christsein gilt: Ich empfange, also bin ich! Christen sind Feiernde! Christsein ist ein Geschenk, ein Dürfen, ein Glück.

Kleine Übung: Stell Dir vor, Du sitzt an einem Tisch. Wie damals Lazarus. Mit anderen zusammen. Und jetzt überlege einmal, was Gott in Deinem Leben Dir alles schon geschenkt hat. Christsein heißt: Ich feiere, weil ich ein Eingeladener bin, weil ich ein Beschenkter bin.

 

2.
Maria

(1)
Was hat es mit der Narde auf sich? Das Narden-Salböl kommt aus dem Himalaya. Es stammt von einer Pflanze aus der Familie der Baldrianpflanzen. Der erdige, warme Duft ist intensiv. Das Öl hat eine beruhigende Wirkung auf Haut, Herz, Geist und Seele.

Das Nardenöl ist ein Luxusartikel der damaligen Zeit. Die 300 Silbergroschen entsprechen dem Jahresgehalt eines Tagelöhners. Keine Frau hatte die Möglichkeit, so viel Geld zu verdienen. Es muss ein Familienschatz, ein Familienerbe gewesen sein.

(2)
Was hat es mit der Salbung Jesu durch Maria auf sich?

Es gab in Israel die Königssalbung. Könige wurden gesalbt, wenn sie ihre Regentschaft antraten. Weiß Maria, dass Jesus ein König, ein besonderer König ist, ein König, der für sein Volk zu sterben bereit ist?

Bei Festessen in Israel kam es vor, dass Gäste als Zeichen der Gastfreundschaft gesalbt wurden. Marias Salbung der Füße Jesu war also ein Zeichen der Verehrung und Wertschätzung.

Tote wurden nach ihrem Tod gesalbt. Maria salbt die Füße Jesu. Sie saß nach Mk 10,39 zu Jesu Füßen. In Joh 11,32 fiel sie Jesus vor Trauer zu Füßen. Jesus selbst sagt ja: Marias Salbung ist meine vorweggenommene Totensalbung.

(3)
Was sagt die Salbung über Maria, über ihren Glauben, über ihr Jesus-Verhältnis?

Marias Liebe ist anbetende Liebe. Sie verschenkt etwas unglaublich Wertvolles. Sie zeigt ohne Scheu ihre Verbundenheit mit Jesus. Sie bekennt sich ohne Worte zu Jesus: Dir gehört mein Vertrauen, meine Liebe, meine Dankbarkeit, mein Herz. Jesus ist ihre große Sehnsucht, ihr großes Glück.

Ihr Christsein ist befreit vom Motiv des Berechnens. Sie fragt nicht mehr: Was habe ich davon? Was bringt mir das? Komme ich auf meine Kosten? Sie fragt nicht: Was kostet mir die Beziehung zu Jesus? Was kostet mir der Glaube? Sie denkt nicht (mehr) in einer Kosten-Nutzen-Rechnung. Sie denkt nicht an den Preis. Jesus ist ihr das wert. Maria ist eine große Liebende. Ihre Verehrung sprengt das Normalmaß. Sie lebt in diesem Moment ganz und ausschließlich die Beziehung zu Jesus. Nur er zählt für sie.

Hören wir diese Geschichte nicht unter der Überschrift: Muss ich das jetzt auch so machen? Hören wir sie unter der Frage: Was muss sie erfahren haben, dass sie das kann?

(4)
Dabei ist das, was sie tut, in der damaligen Zeit höchst ungebührlich und missverständlich. Sie macht sich angreifbar und verletzlich.

Grund 1: Nardenöl gehört eigentlich in den Bereich der Erotik (siehe Hhl 1,12).

Grund 2: Das Öffnen der Haare in der Öffentlichkeit war damals ein absolutes No go! Es signalisierte sexuelle Hingabebereitschaft einer Frau für ihren Mann. Aber Jesus hat ein Gespür für Maria. Er weiß, was hinter dieser Geste steht.

(5)
Und Maria hat ein Gespür für Jesus. Sie erfasst die besondere Situation, die einmalige Situation. Sie hat ein Gespür dafür, dass Jesus in den nächsten Tagen ein sehr armer Mensch sein wird. Sie weiß, was auf Jesus wartet. Sie weiß, dass Jesus leiden und sterben wird. Wir wissen nicht, ob sie diesen Weg ans Kreuz ganz verstanden hat, aber sie akzeptiert ihn. Maria schenkt Jesus ihre Zuwendung, ihr Mitgefühl, ihr Mitleiden. Sie will ihn dadurch stärken. Sie zeigt ihm, dass sie sein Leiden mitträgt, dass sie mitleidet.

3.
Martha

Wir wissen aus Lukas 10: Martha hantiert gerne in der Küche. Sie bereitet gerne ein Festmahl vor. Ihr Ding ist das Praktische. Sie dient mit dem, was sie kann, was ihr liegt, was ihr wohl gefällt. Martha ist die praktisch Liebende.

Martha ist ein Muster für uns: Christen dienen praktisch mit dem, was sie können, was ihnen liegt, was sie haben. Christen praktizieren dankbare Nächstenliebe. Christen sind Versorgende und Ernährende. Dass andere etwas zu essen haben. Dass andere feiern können! Dass andere sich leichter tun, an Jesus zu glauben.

 

II.
Das zweite Seitenbild: Wir lernen durch Judas, wie gefährdet und gefährlich Christsein sein kann

Wir können das Rätsel Judas nicht lösen. Aber ich bin Judas dankbar. Ich habe durch ihn viel über mich gelernt. Dass meine Gottesbeziehung gefährdet sein kann. Und wenn ich gefährdet bin, kann ich auch gefährlich werden.

1.
Wenn ich nicht echt bin, wenn mein Leben nicht stimmig ist, ist Gefahr in Verzug.

Judas ist nicht (mehr) echt. Er macht große und gute Worte. Für dieses Geld hätte man vielen Armen helfen können. Aber das ist aus seinem Mund eine Lüge. Denn es geht ihm nicht um die Fürsorge für Menschen in Not, es geht ihm um sich. Judas, so sagt unser Text, ist ein Dieb. Er verwaltet die Kasse der Jesus-Jünger-Connection. Er veruntreut Spendengelder. Sein Herz ist voller Geldgier. Er benutzt seine Jesus-Beziehung, um sich zu bereichern. Er hat ein kalkulierendes, berechnendes Herz.

Wir halten fest: Wenn in mir etwas nicht mehr in Ordnung ist, wenn ich ein dunkles Geheimnis habe, wenn ich eine Lüge lebe, wenn mein Herz der Habgier gehört, dann ist meine Jesus-Beziehung gefährdet.

2.
Judas, so scheint es, hat ein enttäuschtes und empörtes Herz. Er verrät Jesus aus enttäuschter Liebe, enttäuschtem Vertrauen und enttäuschter Hoffnung. Es spricht alles dafür, dass er Jesus nicht mehr versteht, dass er Jesu Verzicht auf Machtanwendung für einen unverzeihlichen Fehler hält. Er will triumphieren: über die Römer, über die Unmoral, über alle Ungläubigen, über die Feinde Jesu… Judas hat kein Ja, kein Verständnis für das Kreuz Jesu!

Wir halten fest: Wenn ich Jesus nicht verstehe, wenn ich meine, es besser zu wissen, ist in Gefahr in Verzug. Wenn ich vom triumphierenden Gott träume, wenn ich darauf bestehe, seine Macht zu erleben, wenn ich kein Ja habe zum Machtverzicht Gottes, zum Leidensweg Gottes in dieser Welt, ist Gefahr in Verzug.

3.
Wenn ich Angst habe zu leiden, wenn meine Leidesscheu mich im Griff hat, ist Gefahr in Verzug.

Und Judas, so scheint es, ist der Christenmensch, der vor Leiden sicher sein will, der dem Leiden ausweichen will, der eine große Angst hat, für den Glauben leiden zu müssen. Es gibt so viel Schimpfen, so viel Härte, so viel Aggressivität bei Christen im reichen Westen, die meines Erachtens aus dieser Leidensscheu und Leidensangst herrühren.

Ich verallgemeinere: Wir Christen in Deutschland stehen vor der Herausforderung, die Jesus in Joh 15,18-10 so beschreibt: Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat… Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen. Wir müssen uns der Wahrheit stellen: Nachfolge Jesu ist mit Leiden verbunden. Wenn wir vor Leiden sicher sein wollen, wenn wir alles Leiden vermeiden wollen, wird das für unsere Jesusbeziehung schwierig…

Wir halten fest: Wir sehen an Judas etwas, was wir in unserer Zeit massenhaft auftritt: Wer keinen Frieden hat, wird ein Friedensdieb, er raubt anderen den Frieden! Wir müssen uns mit der Frage befassen: Was machen Frust und Angst mit uns und aus uns?

 

III.
Das Hauptbild: Wir sehen die Liebe Jesu, die uns die Liebe Gottes zeigt.

1.
Wir sehen die überschwängliche, verschwenderische Liebe Jesu

Jede Heilige, jeder Heilige zeigt uns etwas von Gott, erzählt uns etwas über Gott. Maria zeigt uns die Liebe Jesu. Jesus handelt wie Maria.

Jesus hat während seiner dreijährigen öffentlichen Wirkungszeit allen Menschen seine Liebe gezeigt und geschenkt. Am Kreuz hat er seine Liebe für uns alle vollendet. Da hat sich das kostbare Gefäß seines Lebens geöffnet und seine Liebe ist über die Menschheit ausgegossen worden. Eine Liebe, die jedes Maß sprengt. Eine Liebe, die sich verströmt und verausgabt. Jesus gibt nicht nur ein Jahresgehalt, sondern sein Leben. Er scheut die Kosten nicht. Er fragt nicht, ob es ihm etwas bringt. Er hält nichts zurück. Er gibt alles.

Wir sehen an Jesus die göttliche Agape-Liebe. Agape ist die selbstlose Liebe, die sich schenkt und dabei nichts zurückerwartet. Agape ist die Liebe, die in den Dienst für den anderen tritt, die immer auf das Wohlergehen des anderen schaut. Agape ist die Liebe, die auch ohne positive Gefühle liebt, die immer Liebe bleibt, egal was passiert. Agape ist die Liebe, die sich nicht kränken lässt, die sich immer treu bleibt.

Wir merken das besonders deutlich, als Jesus von den damals mächtigen Politikern ans Kreuz gebracht wurde! Er hielt seine Liebe durch! Seine Liebe konnte alle Ablehnung, alle Ungerechtigkeit, alle Gewalt ertragen und verkraften! Seine Liebe zu den Menschen ist nicht umgekippt in Gleichgültigkeit oder Hass, wie es bei uns so schnell der Fall ist, wenn uns jemand blöd kommt, wenn uns jemand kränkt, wenn uns jemand Unrecht und Leid zufügt!

2.
Jesus ist mehr als Maria. Das ist keine Kritik an Maria. Sondern Anbetung Jesu! Jesus liebt an – gegen all das, was die Menschen ihm schuldig bleiben, was sie ihm antun. Jesus liebt an – gegen die Vorurteile und Verurteilungen, gegen den Spott und Hohn, gegen das absichtliche oder unabsichtliche Schmerzen-Zufügen.

Wir sehen das an der Fußwaschung und am Abendmahl. Jesus wäscht Judas die Füße. Jesus gibt Judas Brot und Wein. Jesus hält an Judas fest.

Wir sehen das in Vollendung am Kreuz. Jesus liebt seine Feinde. Er hält seine Liebe durch. Er hält an denen fest, die ihn loshaben wollen, die ihn quälen und töten. Seine Liebe kippt nicht weg. Sie kippt nicht ins Gegenteil.

3.
Jesus zeigt uns den Vater. Jesu Liebe zeigt uns die Liebe Gottes, die überschwängliche und verschwenderische Liebe unseres himmlischen Vaters, unseres Schöpfers!

Wir glauben an den Gott, der sich nicht selber meint, der keinen Menschen opfert, sondern sich selbst… Er hält nichts zurück. Er gibt alles.

Der Sohn ist ganz der Vater. Der Sohn zeigt uns den Vater. Gott hat keine effiziente Beziehung zu uns. Er stellt keine Berechnung an: Was bringt der Thomas Pichel für mich? Was bringen die Kulmbacher für mich?

Nein. Er liebt. Er verschwendet bei jedem von uns, seit unserer Kindheit das, was er hat an uns: Seinen Segen. Sein Helfen. Seine guten Worte. Seine Weisungen. Gute Begegnungen.

Vielleicht merken wir es? Vielleicht machen wir es uns gar nicht klar! Vielleicht darfst Du es jetzt merken, wenn Du diese Botschaft, dieses Evangelium jetzt hörst?

 

C.
Wie wenden den Text auf uns an? Was bedeutet diese Begebenheit praktisch für unser Leben?

I.
Dieses Geschwistertrio taugt als Leitbild für unseren Glauben.

Christsein ist eine Liebeserfahrung. Es heißt kurz vor unserem Text in Joh 11,3: Jesus aber hatte Marta lieb und ihre Schwester Maria und ihren Bruder Lazarus. Christsein ist ein Geliebtsein! Ich empfange, also bin ich. Und Christsein ist das Projekt, etwas von dieser Liebe zurückzugeben und weiterzugeben.

Lazarus: Wir haben eine unglaubliche Erfahrung mit Gott gemacht. Wir dürfen uns an einen gedeckten Tisch setzen. Wir empfangen viel mehr, als wir geben.

Maria: Wir verschenken unser Herz an Jesus. Wir sind bereit, das Leiden mitzutragen.

Martha: Wir haben sinnvollste Aufgaben. Wir dienen anderen Menschen.

Wir merken aber auch, dass wir als Christen ein Ja zum Kreuz Jesu brauchen und ein Ja zum eigenen Kreuztragen. Zur Nachfolge gehört es dazu, dass wir erleiden, was Jesus erlitten hat: Ablehnung, Spott, Unrecht, Gewalt.

 

II.
Jesus sagt: Arme habt ihr allezeit bei Euch. Wir haben allezeit Menschen bei uns, die unsere Liebe brauchen

Es werden allezeit Arme sein im Lande; darum gebiete ich dir und sage, dass du deine Hand auftust deinem Bruder, der bedrängt und arm ist in deinem Land“ (5 Mose 15,11)

Wer ist in Deiner Umgebung arm? Wem kannst du unterstützen? Wen versorgen? Wen kannst du bedienen, damit er etwas zu feiern hat?

Wen musst du verteidigen, weil er Opfer eines Friedensdiebes geworden ist?

 

III.
Jesus sagt: Arme habt Ihr allezeit bei Euch. Wir haben allezeit Arme bei uns. Nämlich uns selbst.

Wir selber sind immer wieder arm! Arm an Vertrauen! Arm an Liebe zu Menschen! Arm an Liebe zu Jesus! Arm an Leidensbereitschaft!

Wir selber sind arm, wenn wir stets nur fragen: Was bringt es mir? Wenn wir immer nur ängstlich schauen, ob uns eine Beziehung, ob uns der Glaube nicht zu viel kostet!

Wir sind immer wieder Angefochtene, weil wir Gott nicht verstehen, weil Gott uns Leiden nicht erspart!

Wir sind Angefochtene, weil Menschen ohne Frieden uns den Frieden rauben!

Wir können gefährdet sein, uns zu schämen, für das Evangelium zu schämen.

Wir können gefährdet sein, aus Unsicherheit und Leidensangst aggressiv zu werden, zu schimpfen…! Jeder von uns kann sich ja fragen: Was machen Frust und Angst mit mir und aus mir?

 

IV.
Jesus sagt: Arme habt ihr allezeit bei Euch. Nämlich unsere arme Kirche, unsere armen Kirchen und Gemeinden! Kirche ist immer arm, selbst wenn sie ganz viel Geld besitzt.

Wir sind eine arme Kirche. Wir sind arm an Menschen, die sich für uns interessieren.

Wir sind eine arme Kirche. Wir sind arm an Geltung, arm an Einflussmöglichkeiten. Wir sind arm an Vertrauen der Menschen, arm an Glaubwürdigkeit. Die Menschen unserer Zeit vertrauen uns nicht mehr. Wir sind zum Teil selbst daran schuld (Stichwort Missbrauchsskandale), zum Teil auch nicht.

Wir sind oft arm an Vollmacht. Wir können die Kirche nicht relevant machen. Jammern wir nicht! Schimpfen wir nicht! Sagen wir neu Ja zu unserer Abhängigkeit von Gott! Sagen wir neu Ja zu den Möglichkeiten des Heiligen Geistes!

 

V.
Wir haben allezeit Jesus bei uns. Besser ausgedrückt: Jesus hat allezeit uns bei sich!

1.
Wir haben nie nur uns! Christsein ist die Erfahrung der Nähe Jesu, der Macht Jesu und der Liebe Jesu!

2.
Ich rufe uns auf, ich ermutige uns: Gib ihm Dein Bestes. Dein Herz. Deine Liebe. Dein Vertrauen. Dein Gewissen. Deine Loyalität. Deine Sehnsucht. Deine Zeit.

Ich rufe uns auf, ich ermutige uns. Gib ihm Dein Schlechtestes, das Peinlichste, das Dunkelste. Gib ihm Dein Herz brutto. Gib ihm Deine Schuld. Bonhoeffer sagt einmal den befreienden Satz: Gott will an unserer Schuld schuldig sein.

3.
Und was macht Jesus? Was macht Gott?

Er salbt dich! Es heißt in Psalm 23: Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein. Die Königssalbung Israels wird gleichsam demokratisiert. Jede und jeder von uns darf sich als gesalbt verstehen. Gesalbt heißt: Ich bin erwählt. Gott sagt zu uns: Ich will dich!

Glauben wir es! Wir alle leben von dem, was Gott für uns empfindet. Wir alle leben von Gottes Einstellung zu uns, von seinem Feeling für uns, von seiner überschwänglichen Geduld, von seiner überschwänglichen Güte, von seiner überschwänglichen Vergebung, von seiner überschwänglichen Treue, von seinen guten Worten, von seiner Kritik, von seinen Gaben und Hilfen, von seinem Segen…

Wir alle leben von Gott überschwänglicher selbstloser, uns dienender Liebe!