Joh 7,37-39 – Jesus und der Lebensdurst – Von Martin Brendel

37 Am letzten Festtag, dem Höhepunkt des ganzen Festes, trat Jesus vor die Menge und rief: »Wer durstig ist, soll zu mir kommen und trinken – 38 jeder, der mir vertraut! Denn in den Heiligen Schriften heißt es: ›Aus seinem Innern wird lebendiges Wasser strömen.‹« 39 Jesus meinte damit den Geist Gottes, den die erhalten sollten, die ihn im Glauben annehmen. Damals war der Geist noch nicht gekommen, weil Jesus noch nicht in Gottes Herrlichkeit aufgenommen war.

 

Wir befinden uns am letzten Tag, am 8. Tag des Laubhüttenfestes. Am letzten Festtag, dem Höhepunkt des ganzen Festes trat Jesus auf. Das Laubhüttenfest war „das Fest“ der Juden. Ein fröhliches, volkstümliches Fest. Das Laubhüttenfest erinnert an die Zeit des Wüstenzuges und die Bewahrung des Volkes während der 40 Jahre. Gleichzeitig war es die Feier der Weinlese und des Erntedanks. Es wurde im Herbst gefeiert.

Zentrum des Festes war der Tempel in Jerusalem. Für die ersten sieben Tage wohnte das Volk in Laubhütten, die aus Zweigen von Palmen und Laubbäumen auf den Dächern, auf den Höfen und Straßen und im Vorhof des Tempels errichtet wurden. Die Hütte ist Sinnbild für den Schutz des Herrn.

Während des Festes schöpfte ein Priester sieben Tage bei Tagesanbruch eine Kanne voll Wasser aus dem Teich Siloah. Das Wasser wurde auf dem Altar ausgegossen. Dort befanden sich Schalen mit Öffnungen, durch die das Wasser unterirdisch abfloss.

Wir sind am achten Tag des Festes. Da gab es eine große Versammlung vor dem Tempel. Es scheint schon etwas komisch. Jetzt redet Jesus bei einem Fest vom Durst und vom Trinken. Da es ja auch ein Fest der Weinlese war, gab es bestimmt genügend Wein, keiner wird durstig gewesen sein. Jesus knüpft jedoch mit seiner Rede an den Brauch des Wasserschöpfens an.

Wer durstig ist, soll zu mir kommen und trinken – jeder, der mir vertraut!“ Das rief Jesus der Menge zu. Jesus spricht jeden an! Jeder kann zu mir kommen. Er sieht die Menschen. Er nimmt den Durst der Menschen nach dem Leben wahr und kann ihn stillen. Ihr braucht nicht ständig Wasser schöpfen, kommt zu mir! Ich habe das, was ihr braucht! Der Mensch, der sich angesprochen fühlt, wird in Bewegung gesetzt. Zu Jesus hin. Denn in den Heiligen Schriften heißt es: ›Aus seinem Innern wird lebendiges Wasser strömen.‹« 39 Jesus meinte damit den Geist Gottes, den die erhalten sollten, die ihn im Glauben annehmen. Es ist keine eindeutige Textstelle aus dem AT genannt, auf die sich Jesus bezieht. Das lebendige Wasser ist der Geist Gottes.

 

I.
Wasser in der Bibel:

Wasser galt im Alten Testament als Segensgabe Gottes, der das Land mit Wasser vom Himmel (Regen / Tau) und aus den Tiefen der Erde (Quellen) versorgte. Gottes Wirken wurde immer wieder mit der lebensspendenden Kraft des Wassers in Verbindung gebracht.

In Israel war Wasser immer ein Thema. Es gab lange Trockenzeiten. Alle Formen der Wasserzufuhr waren sehr begehrt. Es gab oft Streitigkeiten um Brunnen oder Quellen. Es mussten Vorratsspeicher, Zisternen angelegt werden, um das Regenwasser zu speichern. Im Alltag war das Wasser natürlich als Getränk wichtig; mit Wein oder Essig vermischt, löschte es den Durst. Einen Menschen mit Brot und Wasser zu versorgen, war Zeichen der Gastfreundschaft. Selbst Fremden oder Feinden durfte das Wasser nicht vorenthalten werden.

Besonders begehrt war das „lebendige“ Wasser, also das frische Quellwasser, das man dem abgestandenen Wasser aus Zisternen bei weitem vorzog.

Natürlich war Wasser auch ein wichtiges Element zur Reinigung, sowohl im Alltag als auch zu kultischen Zwecken.

Oft wird das Wasser als lebenserhaltende, lebensspendende Kraft bildhaft dargestellt.

Die Quelle lebendigen Wassers, die Quelle des Lebens. Die bleibende Existenz des Gerechten wird mit einem Baum verglichen, der an Wasserkanälen gepflanzt ist.

Die Heilszeit Israels wird mit der Vorstellung von bewässerten Gärten und Wasserquellen, die nicht vergehen, verbunden.

 

Wir machen nun eine Reise durch die Bibel zurück zu Mose und den Propheten und voraus in die Offenbarung. Die Stellen sind: 2 Mo 17,6; Jes 58,11; Hes 47,1-9; Joh 19; Offb 21,6.

2 Mo 17,6: Siehe, ich will dort vor dir stehen auf dem Fels am Horeb. Da sollst du an den Fels schlagen, so wird Wasser herauslaufen, dass das Volk trinke. Und Mose tat so vor den Augen der Ältesten von Israel.

Das Volk Israel ist in der Wüste unterwegs und hat Durst, sie waren wütend auf Mose. Mose wandte sich an Gott und fragte, was er mit dem Volk tun solle. Gott versorgt sein Volk mit Wasser. Das war sehr wichtig.

Jesaja 58,11: Und der HERR wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt.

Das Kapitel bei Jesaja beschreibt die herrliche Vollendung, die Gott für Israel vorgesehen hat. Es kommt zum Ausdruck, dass immer genug da ist, eine Quelle da ist, der es nie an Wasser fehlt.

Ein Text, der mich bei der Vorbereitung sehr beeindruckt und berührt hat, steht beim Propheten Hesekiel, Kapitel 47, 1-9. Hier prophezeit der Prophet Hesekiel, dass aus dem Tempel in Jerusalem einst eine Quelle entspringen wird. Es ist ein Blick in die Zeit des 1000jährigen Reiches. Das Wasser der Quelle wird nach Osten hinabfließen und zu einem Strom, der Leben und Heilung bringt, werden. An den Ufern dieses Stromes werden fruchtbare Bäume wachsen. Ihre Blätter werden den Menschen als Medizin dienen. Das Wasser des Stromes wird auch das Wasser des Toten Meeres heilen. Demzufolge werden in ihm Fische leben können. So wird das Tote Meer wieder „lebendig“. Hesekiel beschreibt, wie das Wasser immer tiefer wird. Erst steht er bis zu den Knöcheln im Wasser, dann bis zu den Knien, bis zu den Lenden. Dann war es so tief, dass er schwimmen musste. Vers 9 endet mit den Worten: … und alles soll gesund werden und leben, wohin dieser Strom kommt. Das ist ein tolles Bild. Dieses Wasser heilt, macht lebendig. Ich kann mich in dieses Wasser fallen lassen. Ich kann die Gnade erfahren, ich kann so zu sagen in der Gnade Jesu schwimmen!

Im Unterschied zu diesen alttestamentlichen Stellen fällt bei Jesus auf, dass das Wasser weder aus dem Felsen noch aus dem Tempel, sondern aus dem Innersten seiner Person fließt.

Das Johannesevangelium erklärt weiter, dass lebendiges Wasser ein Sinnbild für den Geist ist. Es geht um den Geist Jesu, der auch der Geist Gottes, der Heilige Geist ist. Diesen können die an Jesus Glaubenden empfangen. Der Evangelist weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass das Empfangen des Geistes noch etwas voraussetzt, nämlich die Verherrlichung Jesu.

In seiner Todesstunde hat der, der das Wasser des Lebens ist, selbst Durst. Joh 19,28: Als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet.

Die Erfüllung der Schrift bezieht sich auf Psalm 22,16: Meine Kräfte (oder auch Kehle) sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt mir am Gaumen, und du legst mich in des Todes Staub.

Dann folgen die Worte „Es ist vollbracht“. Und er neigte das Haupt und übergab den Geist.

Das war die Vollendung seines Auftrages. Nachdem Jesus tot war, lesen wir: Einer der Soldaten stieß mit einer Lanze in seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus. Damit wird nicht nur der Tod Jesu bestätigt. Viel bedeutsamer ist, dass der Tod Jesu zur Quelle des Heils, zur Quelle des Lebens wird!!

Offenbarung 21,6: Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.

Im vorletzten Kapitel der Bibel wird nochmal das Bild vom Wasser des Lebens aufgenommen. Das muss ich mir deutlich machen: das Wasser, das Leben gibt es umsonst! Ein Geschenk für dich und mich. Großartig!

 

II.
Was heißt das für mich?

Jetzt sind wir viel in der Bibel herumgekommen, haben viele Stellen entdeckt. Was mache ich damit? Wer oder was stillt meinen Lebensdurst?

Lebensdurst hat jeder. Jeder hat Vorstellungen für sein Leben, Wünsche, Sehnsüchte. Manche kann ich mir recht einfach erfüllen. Materielle Dinge, Urlaube, besondere Ereignisse, usw.

Macht mich das zufrieden, erfüllt mich das? Muss es immer mehr geben, immer etwas noch Besseres?

Diesem Druck sind wir alle ausgesetzt. Wenn ich zurückblicke, kann ich mich fragen: Bin ich mit dem zufrieden, was ich habe, was ich alles schon erlebt habe, oder fehlt noch vieles? Was würde ich anders machen, wo habe ich was verpasst?

Benedikt Bader hat einmal eine tolle Predigt gehalten. Er hat ein Glas Wasser gehabt und nach einem tollen Ereignis davon getrunken. Zum Beispiel nach einem tollen Gottesdienst nahm er einen Schluck von dem Wasser. Nach einem sportlichen Erfolg nahm er einen Schluck, nach einem gelungenen Konzert nahm er einen Schluck, usw.

So kann man viele Situationen und Ereignisse einsetzen, die uns froh und glücklich machen. Das ist auch gut so und schön und wichtig für uns. Die Wirkung der guten Erfahrungen lässt aber nach. Wir brauchen das nächste Ereignis. Die nächste Bestätigung, die nächste Anerkennung. Ich bekomme bald wieder Durst. So ist es mit allem schönen auf der Welt. Wir können und dürfen es genießen! Wir dürfen uns jedoch nicht abhängig davon machen lassen. Das finde ich einen entscheidenden Punkt. Das, was mich ausfüllt, was mich wirklich befriedigt, muss dauerhaft sein, muss woanders herkommen. Wenn ich das habe, kann ich das andere erst genießen, weil ich nicht davon abhängig bin. Ich kann zum Beispiel ein Bier oder ein Glas Wein genießen. Bin ich aber abhängig davon, dann trinke ich, weil ich es brauche und kann es nicht mehr genießen.

Natürlich gibt es auch den Durst nach dem Sinn des Lebens. Manchmal stellt man sich schon die Frage: Macht das, was ich tue, überhaupt Sinn? Mache ich etwas Sinnvolles aus meinem Leben? Mit was fülle ich meine Zeit? Diese Sehnsucht ist in jedem Menschen, die Sehnsucht nach Zufriedenheit, nach Dauer, ja nach Ewigkeit.

Es ist was ganz Großartiges, wenn die Quelle der Freude in uns ist. Wenn die Quelle nicht in der Umgebung besteht, in der ich bin, nicht in den Verhältnissen, in denen ich lebe, nicht im Besitz, den ich habe. Das alles kann sich ändern. Wenn meine Umgebung angenehm ist, geht es mir gut, wenn sie unangenehm wird, geht’s mir schlecht. Wenn ich etwas habe, geht es mir gut, wenn ich etwas verliere, geht’s mir schlecht. Ich bin glücklich, wenn es mir gut geht, unglücklich, wenn ich krank bin. Ich freue mich, wenn gut über mich geredet wird, bin ärgerlich, wenn schlecht geredet wird. Ich freue mich über Freunde, bin traurig, wenn ich sie verliere.

Prof. Hans-Joachim Eckstein hat es in einem Vortrag so ausgedrückt: „Unser Glaube lebt nicht davon, dass wir etwas fühlen, etwas sehen, etwas erfahren. Unser Glaube lebt davon, dass wir an den Verheißungen, am Wort Gottes festhalten.“

Wenn wir nun hören, dass Jesus die Quelle des Lebens ist, wir das vielleicht aber gerade nicht spüren und erfahren, heißt es auf die Zusage zu vertrauen. Das ist Glaube.

Wenn ich aus der Quelle des lebendigen Wassers lebe, wenn ich davon trinke, muss ich nicht nur auf die Umstände in meinem Leben schauen. Dann habe ich eine andere Grundlage, eine Grundversorgung, die mich unabhängig von den Umständen macht. Das ist ein Lernprozess. Wir können uns nur füllen lassen von Gott.

Was uns dauerhaft ausfüllt, ist der Geist Gottes. Jesus meint ja mit dem lebendigen Wasser den Geist Gottes, den heiligen Geist. Den bekommen wir, wenn wir an Jesus glauben, wenn wir mit ihm in Kontakt sind, eine Beziehung mit ihm eingehen.

Wie können wir Kontakt zu Jesus aufnehmen? Genauso wie wir untereinander Kontakt haben. Wir reden miteinander. Im Gebet kann ich Jesus alles sagen. Was mich freut und was mich ärgert, was ich mir wünsche, was mich bedrückt. Das kann ich immer tun, rund um die Uhr. Ich brauch nicht zu denken, dass ich ihn störe.

Das ist merkwürdig. Kennt ihr die Situation, wenn man jemanden anrufen will, denkt man des Öfteren: Hoffentlich störe ich jetzt nicht! oder: Was wird der andere gerade machen? Ist er überhaupt zu Hause, usw? Diese Gedanken brauche ich mir beim Gebet nicht zu machen.

Was passiert, wenn ich zu Jesus komme, wenn ich mit ihm in Kontakt bin, wenn ich konkret zu ihm sage, dass er meinen Durst stillen solle, wie er gesagt hat?

Der Heilige Geist kommt ins Leben hinein. Das heißt: Gottes Wesen nimmt Raum in uns ein und beeinflusst unser Reden, Denken und Handeln.

Das tut mir gut und den Menschen um mich herum auch.

Das heißt, wer zu Jesus kommt und um Lebenswasser bittet, mit dem passiert zweierlei:

Erstens: Jesus gibt ihm dieses Leben kostenlos, er füllt dein Gefäß bis zum Rand, er stillt den Lebensdurst.

Zweitens: Das Wesen Gottes, das in dir Raum gewinnt, sprudelt wie eine Quelle weiter in die Welt und fließt zu den Menschen um dich herum.

Das geht natürlich nicht von jetzt auf gleich. Das ist ein Prozess. Jesus verändert uns Schritt für Schritt. Und wenn wir ehrlich sind, lassen wir manche Veränderung noch gar nicht zu, sträuben uns dagegen, warum auch immer. Jesus hat Geduld. Er sieht unser Herz.

Letzten Donnerstag war Himmelfahrt. Jesus sagte zu den Aposteln vor seiner Himmelfahrt: Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist. Das sagt er, nachdem sie alle versagt haben. Sie brauchten Kraft. Petrus verleugnete Jesus, Johannes sah von weitem zu, die anderen waren weg. Gerade da, in dem Moment, in dem ich erkenne: Ich habe versagt. Das ist der beste Moment, den Heiligen Geist zu empfangen. Leer zu Gott zu kommen und ihn zu bitten, mich auszufüllen.

Durch den Heiligen Geist kann ich Gott erst verstehen. Durch den Heiligen Geist kann ich verstehen, was in der Bibel steht. Ich werde nie alles verstehen, aber ansatzweise und das, was für mich gerade wichtig ist. Das Wort Gottes ist lebendig. Wenn wir im Hauskreis „Bibel teilen“, lesen wir alle denselben Text und für fast jeden ist was anderes wichtig. Das füllt uns. Das gibt Kraft, Freude und Orientierung. Deshalb ist es wichtig, sich mit dem Wort Gottes auseinanderzusetzen. So kann der Geist in mir wirken und mich ausfüllen.

Gehen wir immer wieder zur Quelle, die dauerhaft unseren Durst stillt.

Gott trägt mich durch alle Schwierigkeiten und Unzufriedenheiten in meinem Leben, die nicht ausbleiben. Er verspricht uns kein einfaches, problemloses Leben.

Er versorgt mich allem, was ich brauche.

Sein Geist verändert meine Gedanken, mein Handeln.

Der neue Slogan des Radiosenders Bayern 1 lautet: „Bayern1 – gehört ins Leben.“ Für uns könnte er lauten: „Jesus – gehört ins Leben.“

Ich möchte schließen mit Gedanken von Johannes Hartl: Stell dir vor, es gäbe eine Quelle nie versiegender Güte, Annahme und Geborgenheit, die immer verfügbar ist und von keinen äußeren Umständen abhängt. Das meinen Menschen, wenn sie sagen, dass sie glauben. Ein Reichtum an Lebenskraft, Sinn und Energie, der von innen kommt. Klingt zu gut, um wahr zu sein? Nein, die Sehnsucht danach haben wir Menschen nur, weil es diese Quelle tatsächlich gibt. Sie heißt Jesus.